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"Theater lässt Flügel wachsen"

  • Fr, 19. Dezember 2014
    Schülertexte

     

ZISCHUP-INTERVIEW mit Birgit Vaith, Theaterpädagogin und Gründerin des "Jungen Theaters" in Lörrach.

Birgit Vaith  | Foto: Privat
Birgit Vaith Foto: Privat

Die Theaterpädagogin Birgit Vaith gründete 1999 das "Junge Theater" in Lörrach und siedelte im Sommer 2012 vom Kulturzentrum Nellie Nashorn ins Alte Wasserwerk Lörrach um. Bereits seit rund 20 Jahren spielt sie mit Kindern Theater und bringt diesen das Spielen näher. Im Zischup-Interview berichtet sie über die Veränderungen der Spieler durchs Theater. Nachgefragt hat Zischup-Reporterin Klara Windhausen, die in die 9a des Lörracher Hebel-Gymnasiums geht.

Zischup: Seit wann spielen Sie selber Theater?
Vaith: Ich habe als Kind schon Theater gespielt, zwischendurch auch mal pausiert und dann als Erwachsene wieder angefangen.
Zischup: Wie viele verschiedene Altersgruppen unterrichten Sie in Ihren Theaterkursen?
Vaith: Zurzeit habe ich fünf Gruppen im Alter von 8 bis 25 Jahren. Die Kinder der jüngsten Gruppe sind acht bis zwölf Jahre alt. In der nächsten Gruppe spielen die 12- bis 15-Jährigen. Dann gibt es eine Gruppe mit 15- bis 17-jährigen Spielern und zum Schluss die Ältesten, das sind zwei Gruppen im Alter ab 17 Jahren.
Zischup: Haben Sie an sich selber Veränderungen durchs Theaterspielen bemerkt?
Vaith: Ich denke Theaterspielen macht frei, weil man ganzheitlich mit sich in Berührung kommt und viele Seiten an sich entdecken kann. Je nachdem kann man auch ganz viel Kreativität einfach loslassen, und man kann mit vielen verschiedenen Dingen experimentieren und sie ausprobieren. Das hat das Selbstbewusstsein auch bei mir gestärkt. Das Theaterspielen setzt ganz viel Kreativität frei. Wenn man im Team arbeitet, setzen sich die Spieler selber ganz viele Impulse und das lässt die Flügel wachsen.
Zischup: Verändern sich auch die Kinder durchs Theaterspielen?
Vaith: Also oft denkt man ja, dass ins Theater nur Kinder kommen, die sich schon trauen auf der Bühne zu spielen, aber das ist ganz oft nicht der Fall. Es kommen auch viele schüchterne Kinder, die eventuell auch Schwierigkeiten haben vor einer Gruppe zu reden und etwas auf einer Bühne zu spielen. Bei diesen merkt man dann besonders die Veränderung. Im Laufe eines Theaterjahres merkt man, wie sich diese Kinder entwickeln und plötzlich ganz frei reden.
Zischup: Haben Sie eine besondere Vorgehensweise, wie Sie bei den Proben eines Stückes verfahren?
Vaith: Auf jeden Fall. Das Stück fängt da an, wo die Schauspieler es noch gar nicht vermuten. Und zwar fängt es mit den Spielen an, die wir machen, zum Beispiel Aufwärmspiele, die rein körperlich sind oder über die Stimme gehen. Auch machen wir viele Rollenspiele. Und wenn wir dann ein Stück ausgewählt haben, improvisieren wir zu diesem Thema und entwickeln kleine Szenen. So wächst quasi ein Theaterstück auch aus den Schauspielern heraus. Durch die Aufwärmspiele oder das Spielen vor dem konkreten Theaterstück kann die Theatergruppe zusammenwachsen, das ist ganz wichtig, damit daraus ein gutes Team wird.
Zischup: Wie genau schaffen Sie es, aus kleinen Schauspielern große selbstbewusste Spieler zu machen?
Vaith: Also ich glaube, das schaffen die Kinder selber und ich setze nur Impulse und fördere dabei das, was im Einzelnen, im Spieler, drinsteckt. Ich versuche, das Potential und die Kreativität durch meine Impulse aus den Einzelnen herauszukitzeln. Das ist meine Arbeit, den Rest erledigen die Kinder.
Zischup: Welche Art von Stücken mögen Sie lieber? Lustige oder eher Theaterstücke, die die Zuschauer zum Nachdenken bringen?
Vaith: Ich mag eher eine Mischung von beidem, also Stücke, in denen ein tiefer Sinn drin steckt, aber auch Stücke, über die man lachen kann. Ich liebe es, dass man ernsthafte Stücke auch bricht, das heißt, dass man quasi auch lustige Sequenzen einbaut und man nicht nur eine Sparte spielt.
Zischup: Haben Sie ihre Lehrtaktik im Laufe der Jahre geändert?
Vaith: Ja ich denke sicher, dass ich mit meiner Tätigkeit immer weiter wachse, und das finde ich ganz wichtig, dass auch die Theaterpädagogen oder Regisseure immer weiter wachsen. Da sich auch die Kinder und Jugendliche immer verändern, finde ich es ganz wichtig, dass ich mich auch verändere. Sei es in der Einstellung oder auch bei der Methode. Ich denke, bei allen Beteiligten verändert sich immer ganz viel.
Zischup: Wie lief Ihr erstes Theaterstück mit Kindern und Jugendlichen vor Publikum?
Vaith: Das erste Theaterstück mit Publikum haben wir damals sogar im Publikum selber gespielt. Also die Schauspieler waren teilweise auf der Bühne, aber sie mussten auch immer wieder runter von der Bühne und im Publikum weiterspielen. Dieses Stück hieß: "Komm wir finden einen Schatz". Es war ein sehr lustiges Stück, weil die Kinder wirklich mit den Zuschauern gespielt haben und die Zuschauer wirklich mitten im Stück drin waren. Dieses Stück fand ich wirklich sehr, sehr gelungen.
"Das erste Theaterstück

haben wir auch

im Publikum gespielt."
Zischup: Durch die Umsiedlung vom Nellie Nashorn ins Alte Wasserwerk des Sozialen Arbeitskreises Lörrach, des SAK, gab es da Veränderungen bei den Spielern oder vielleicht auch auf Seite der Zuschauer?
Vaith: Bei den Spielern eigentlich nicht. Die meisten Spieler vom Nellie sind mit hierher gegangen und das Junge Theater hat sich dadurch auch nicht sonderlich verändert. Klar kamen immer neue Spieler dazu, aber das hing nicht mit dem Umzug zusammen. Sicher haben wir hier auch noch neue Zuschauer dazu gewonnen, denn ins SAK kommen auch andere Zuschauer, und das ist dann eine Bereicherung für das Junge Theater, denn die Zuschauer vom Nellie sind uns auch noch weiterhin treu geblieben. So haben wir eigentlich eher mehr Zuschauer gewonnen.
Zischup: Haben Sie irgendwelche Wünsche für das Junge Theater? Wie soll es in Zukunft damit weitergehen?
Vaith: Ja, also ich wünsche mir, dass das Theater noch weiter so existieren kann, dass möglichst viele Kinder und Jugendliche hier mit dem Theater in Berührung kommen. Denn ich denke, das ist für die Entwicklung von Kindern sehr wichtig. Sie können frei werden, sie können sich öffnen und viele Erfahrungen machen. Ich hoffe also einfach, dass die Stadt und ganz viele Menschen hinter dieser Theatergeschichte stehen.

Ressort: Schülertexte

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