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"Ich lebe seit elf Jahren im Internat"

  • Fabien Kaiser &

  • Fr, 28. Januar 2011
    Schülertexte

     

Fabien Kaiser erzählt von ihrem Alltag im Internat des Bildungs- und Beratungszentrum für Hörgeschädigte in Stegen .

Fast wie im Film: Die Mädchen im Inter...lasien wohnen in diesem schönen Haus.   | Foto: Kathrin Blum
Fast wie im Film: Die Mädchen im Internat des Kollegs St. Blasien wohnen in diesem schönen Haus. Foto: Kathrin Blum

Ein Leben im Internat, das ist unvorstellbar? Oder hört sich die Idee spannend an? Fabien Kaiser kennt alle Vor- und Nachteile des Internatslebens. Seit sie sieben Jahre alt ist, lebt sie im Internat des Bildungs- und Beratungszentrum für Hörgeschädigte (BBZ) in Stegen. Die Zisch-Reporterin aus der Klasse 9 der Realschule berichtet.

Ich bin Fabien Kaiser, 17 Jahre alt und gehe in die Klasse 9 der Realschule des Bildungs- und Beratungszentrum für Hörgeschädigte in Stegen. Ich berichte euch von meinem Alltag im Internat.

Mit sieben Jahren kam ich ins Internat nach Stegen. Ich bin hier im Internat, weil ich hörgeschädigt bin und weil meine Eltern zu weit weg wohnen. So würde es sich für mich nicht lohnen, jeden Tag heimzufahren und am Morgen wieder herzufahren.

Anfangs fand ich es schwer, mich ans Leben im Internat zu gewöhnen. Ich kam einfach nicht mit den Regeln zurecht. Es gibt zum Beispiel sogenannte Bettgehzeiten, die vom Alter abhängig sind. In meiner Gruppe gibt es zum Beispiel eine spezielle Regel: Man darf nur eine halbe Stunde pro Tag ins Internet gehen.

Wenn wir die Regeln nicht befolgen, müssen wir unfreiwillige Arbeiten erledigen, wie zum Beispiel spülen. Manchmal denken sich die Erzieher auch eine Strafe aus. Mit der Zeit aber habe ich aus meinen Fehlern gelernt und versuche, mich möglichst an die Regeln zu halten.

Oft wurde ich schon gefragt, ob ich mir nicht wünschen würde, Zuhause zu wohnen und dort in die Schule zu gehen. Meine Antwort war: "Na klar, lieber würde ich daheim wohnen als hier." Wenn ich nicht den Unfall gehabt hätte, der mich auf einer Seite taub gemacht hat, dann hätte ich zu Hause Freunde, mit denen ich mich unter der Woche treffen könnte. Mit ihnen zusammen könnte ich in die Disco gehen oder so. Denn im Internat geht das nicht, es gibt sogenannte Ausgehzeiten, die auch wieder altersabhängig sind.

Es ist ganz einfach gesagt so: Ich hatte nie so eine Kindheit und Jugend wie die anderen Kinder und Jugendlichen, die nicht im Internat sind. Und diesen Freiraum vermisse ich.

Wie sieht mein Schulalltag aus? Mein Tag beginnt um 6.45 Uhr. Um 7 Uhr gibt es Frühstück in der Gruppe, das geht bis circa 7.10 Uhr. Danach habe ich meine Pflichten zu tun, zum Beispiel abwaschen. Und ich muss natürlich meine morgendlichen Bedürfnisse erledigen, wie zum Beispiel Zähne putzen.

Die Schule beginnt um 7.50 Uhr, wir gehen aber schon um 7.40 Uhr in die Schule. Das ist ein Vorteil: Ich habe einen sehr kurzen Schulweg! Der Unterricht endet um 13.05 Uhr. Die Schule beginnt dann wieder um 14.10 Uhr.

Wenn ich keinen Nachmittagsunterricht habe, habe ich von 14 bis 15 Uhr Lernzeit. Lernzeit ist eine Stunde, in der man seine Hausaufgaben und andere Sachen für die Schule macht. Mit dem Handy SMS schreiben oder Musik hören ist in dieser Zeit nicht erlaubt. Die Lernzeit findet in meinem Zimmer statt. Ich habe nur mittwochs Lernzeit, an den anderen Tagen habe ich Nachmittagsschule.

Meine Freizeit geht dann bis 18 Uhr. Meistens vertreibe ich mir die Zeit mit Musik hören, lesen oder ich treffe mich mit Freunden. Freunde treffen, das geht deshalb gut, weil sie ja auch im Internat wohnen. Von 18 Uhr bis 18.30 Uhr gibt es Abendessen. Danach hab ich wieder Freizeit bis 23.30 Uhr, dann endet mein Tag, weil ich noch keine 18 bin. Im Alter von 18 Jahren darf ich selbst entscheiden, wann ich ins Bett gehen möchte. Alle anderen Regeln bleiben gleich.

Seit Kurzem gehe ich auch zur Fahrschule. Ich bewohne im Internat ein Einzelzimmer. Die meisten Schüler wohnen in einem Zweier- oder Dreierzimmer. Ich wohne in einem Einzelzimmer aus verschiedenen Gründen. Ein Grund ist, dass ich die Älteste in der Gruppe bin. Wenn aber eine Person neu in die Gruppe kommt, muss ich mein Zimmer mit ihr teilen. Vor jedem Ferienbeginn müssen wir die Schränke im Zimmer auswischen, ansonsten wird mein Zimmer von einer Reinigungskraft geputzt.

Meine Erzieherinnen kann ich manchmal nicht ausstehen, die verstehen mich nicht und das gibt Probleme. Freunde zu Hause hab ich nicht, da ich nur am Wochenende sowie in den Ferien zu Hause bin.

In den Ferien bin ich oft alleine Zuhause oder treffe mich mit Freunden von Stegen, wenn die Zeit haben. Nun ja, viel mehr gibt es nicht zu sagen. Ich würde, wie gesagt, viel lieber Zuhause wohnen, denn da habe ich meine Familie.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 28. Januar 2011: PDF-Version herunterladen

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