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Prozess

Raser wegen Mordes verurteilt

  • dpa

  • Mo, 22. April 2024, 20:00 Uhr
    Südwest

     

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Mitten in Heilbronn tritt ein junger Autofahrer auf das Gaspedal und rast über die Straße. Es kommt zum tödlichen Crash. Ein Gericht hat den 21-Jährigen jetzt verurteilt.

Der Angeklagte mit Handschellen im Gericht  | Foto: Christoph Schmidt (dpa)
Der Angeklagte mit Handschellen im Gericht Foto: Christoph Schmidt (dpa)

Weil er mitten in der Heilbronner Innenstadt mit hoher Geschwindigkeit einen tödlichen Unfall verursachte, muss ein 21-Jähriger viele Jahre ins Gefängnis. Das Landgericht Heilbronn verurteilte den Angeklagten am Montag unter anderem wegen Mordes und versuchten Mordes in drei Fällen zu einer Jugendstrafe von neun Jahren Haft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der damals 20 Jahre alte Angeklagte hatte nach Überzeugung des Gerichts im Februar vergangenen Jahres in der Heilbronner Innenstadt bei viel zu hohem Tempo die Kontrolle über seinen 300 PS starken Sportwagen verloren. In der Tempo-40-Zone raste er demnach mit rund 100 Kilometern pro Stunde in das Auto eines 42-Jährigen. Der Mann starb in den Trümmern seines Wagens, seine Frau wurde schwer, die beiden Kinder leicht verletzt. Vor dem Aufprall soll der als Temposünder bereits bekannte junge Autofahrer fast eine Fußgängerin überfahren haben, die gerade noch ausweichen konnte.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt fasste der junge Türke aus Sicht der Staatsanwaltschaft einen bedingten Tötungsvorsatz. Die Anklägerin plädiert unter anderem auf eine Verurteilung zu neun Jahren Jugendstrafe wegen Mordes und dreifachen versuchten Mordes.

In der ursprünglichen Anklage war sie noch von Totschlag und versuchtem Totschlag ausgegangen, sie hatte sich aber im Laufe der Beweisaufnahme der Argumentation der Zweiten Großen Jugendkammer angeschlossen. Diese hatte ihrerseits den Hinweis erteilt, es könne sich auch um Mord und versuchten Mord handeln. Als mögliches Mordmerkmal komme die Heimtücke infrage, hatte der Richter erklärt.

Schärfer plädierte die Anwältin der Witwe des Familienvaters. Sie hatte eine Verurteilung nach Erwachsenenstrafrecht zu lebenslanger Haftstrafe wegen Mordes gefordert. Die Verteidiger gingen dagegen von fahrlässiger Tötung und dreifacher fahrlässiger Körperverletzung aus.

Illegale Autorennen gelten bereits seit Oktober 2017 als Straftat. Seitdem kann schon die Teilnahme mit bis zu zwei Jahren Haft geahndet werden. Strafbar ist allerdings auch ein "Rennen gegen sich selbst".

In den vergangenen Jahren hat es immer wieder Mordanklagen nach Rasereien oder illegalen Autorennen gegeben. Im November wurde in Wiesbaden ein Mann zu lebenslanger Haft verurteilt, weil er ein Jahr zuvor mit einem hochmotorisierten Auto mit Tempo 130 über mehrere rote Ampeln der Wiesbadener Innenstadt gerast und auf einer Kreuzung mit seinem Wagen mit einem anderen Auto zusammengestoßen war. Dessen Fahrer kam ums Leben.

Besonders bekannt wurde der Fall zweier Männer, die sich 2016 auf dem Berliner Kudamm ein Rennen geliefert hatten, bei dem ein unbeteiligter Rentner starb. Hier wurde ein Fahrer wegen Mordes und der zweite Raser wegen versuchten Mordes verurteilt.

Ressort: Südwest

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Kommentare

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Klaus Nied

270 seit 7. Mär 2017

Und wieder einmal die Frage: Kann es sein, dass unser Rechtsstaat, unsere Justiz, unser Gesetzgeber viele Jahre hinter der Wirklichkeit her laufen ? Dass den Vollzugsbehörden die rechtlichen Mitteln fehlen, gewissen Entwicklungen effektiv einen Riegel vorzuschieben und Menschen zu schützen ?
Dieser junge Typ (sorry, aber als "Mann" kann ich so etwas nicht bezeichnen) war - wie in vielen anderen Fällen - als Schnellfahrer bekannt. Dieser junge Typ darf ein 300-PS-Auto bewegen, dieser junge Typ hätte ums Haar unmittelbar davor schon eine Fußgängerin mit 100 km/h zu Brei gefahren. Aber vor Gericht wird er als JUGENDLICHER behandelt ?
Ja, natürlich muss es ein Jugendstrafrecht geben, alles andere wäre menschenfremd. Dennoch: Gleiche Rechte, gleiche Pflichten. Wer mit den großen Wölfen heulen will und darf, muss auch akzeptieren, dass er auch als großer Wolf behandelt wird.
Deutschland ist nicht nur in der Straßenverkehrsjustiz weit, weit hinter den Realitäten zurück geblieben.
Und wenn dieser junge Typ als Schnellfahrer mehrmals aufgefallen war, wäre mal interessant zu wissen, welche Konsequenzen das für ihn hatte. Vielleicht hätte man ihm ja rechtzeitig das Mütchen kühlen und so dieses Familienschicksal verhindern können?


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