Werther.live
Bei diesem Online-Theater kannst Du mit Goethes "Werther" chatten

Do, 12. November 2020 um 15:42 Uhr
Ebay statt Tanzball, Skype statt Spaziergang im Wald: Bei "werther.live" passiert alles im 21. Jahrhundert. Drei junge Theatermenschen aus Freiburg haben das Stück von Johann Wolfgang von Goethe explizit für das Digitale konzipiert. "Denn einfach nur Bühnen abfilmen finden wir nicht besonders spannend", sagt Cosmea Spelleken. Die Freiburgerin studiert Filmregie in Wien und hat die Geschichte des Jungen Werthers mit Social Media und Film fusioniert. "Bei uns verlieben sich Werther und Lotte über Ebay Kleinanzeigen und kommunizieren über Skype, WhatsApp und Facebook", so Spelleken.
- Website: werther.live
Das neue Format, das gut in die Phase des zweiten Lockdowns passt, setzt sich mit den Themen Internet, Einsamkeit und neuen Wegen der Kommunikation auseinander. "Es soll keine Notlösung sein", sagt Spelleken. Vielmehr ist es ein neuer Weg, Theater zu erzählen, indem der digitale Raum zur Bühne wird. Und die Mühen der jungen Theatermacher wurden belohnt: Das Projekt ist für den Deutschen Multemediapreis nominiert – am Samstag ist die Verleihung.
Bei "werther.live" ist die Interaktion mit den Charakteren möglich: Werther und Lotte haben eigene Instagram- und Facebookaccounts – und schreiben auch zurück. Damit das alles möglich ist und live funktioniert, darf auch die passende Technik nicht fehlen: Per Screen Capturing – also Bildschirmübertragung – findet die Online-Aufführung statt. Das Publikum bekommt live mit, wie sich Werther in den Sozialen Medien verhält: Was er Lotte schreibt, wie viele Ausrufungszeichen er macht, welche Musik er hört – und wie er stundenlang ihr Instagram-Profil checkt. "Jeder kann sich hier wiederfinden: Wir alle haben schon mal unseren Schwarm gegoogelt", sagt Regisseurin Spelleken.
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram anEin Beitrag geteilt von werther.live (@werther.live) am Nov 11, 2020 um 12:32 PST
Zusammen mit Lotta Schweikert und Leonard Wölfl bildet sie das Kernteam der Werther-Truppe. Die Drei lernten sich über Blackwood Films kennen, eine Gruppe Filminteressierter Freiburger. Ihre Hauptdarsteller fanden sie über Online-Videocastings – auch die Proben hat dann jeder Teilnehmer örtlich unbegrenzt bestritten. "Das war schon praktisch, wir konnten nebenbei einen Umzug wuppen, Proben mussten nicht ausfallen", sagt Cosmea Spelleken. Trotzdem musste sie sich anfangs an die digitalen Proben gewöhnen und daran, ihre Anweisungen über Zoom durchzugeben. Sie sieht das ganze als Experiment, das Potential hat: Bei der Premiere schalteten sich 120 Interessierte zu. Fürs erste sind vier weitere Vorführungen geplant – mit der Option auf eine Verlängerung.
Das Projekt "werther.live" wird von den Kulturämtern Karlsruhe und Freiburg gefördert.
Wann: Sonntag, 15. November, 19 Uhr, Montag, 16. November, Freitag, 4. Dezember und Sonntag, 6. Dezember, jeweils 20
Wo: Livestream
Tickets: werther.live, 4 Euro