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Mordprozess gegen Youtuber

Motorradraser zeigt vor Gericht Reue

Eckhard Stengel
  • Di, 13. Dezember 2016
    Panorama

     

Wegen Mordes angeklagter Youtuber liest am ersten Verhandlungstag eine Erklärung vor.

Mit deutlich mehr als dem vorgeschrieb...war  der Angeklagte im Ort unterwegs.   | Foto: dpa
Mit deutlich mehr als dem vorgeschriebenen Tempo war der Angeklagte im Ort unterwegs. Foto: dpa
BREMEN. Am ersten Tag des Mordprozesses gegen einen Bremer Motorradraser hat der 24-jährige Angeklagte den von ihm verursachten tödlichen Unfall bedauert. Es tue ihm alles leid, sagte der Student, und er bereue es zutiefst. "Wenn ich könnte, würde ich alles tun, um es rückgängig zu machen." Mitte Juni hatte er einen 75-jährigen Fußgänger totgefahren, der eine Baustellenampel bei Rot überquerte. Er selbst wurde schwer verletzt und wird laut Verteidigung nie mehr Motorrad fahren können.

Im Schwurgerichtssaal saßen auch die drei erwachsenen Kinder des Getöteten als Nebenkläger. Der Angeklagte schaute sie beim Verlesen der Erklärung nicht an. Vor der Todesfahrt hatte der Bremer mehrfach riskante Touren per Helmkamera gefilmt und ins Internet gestellt.

Dass er nicht wegen fahrlässiger Tötung, sondern wegen Mordes angeklagt wurde, begründete der Staatsanwalt unter anderem mit "niedrigen Beweggründen": Die Touren hätten dazu gedient, "sich selbst einen Kick zu verschaffen, Adrenalinschübe zu verspüren", sein Geltungsbedürfnis gegenüber seinen Internetfans zu befriedigen und mit den Videos Geld zu verdienen. Wer so schnell durch die Stadt fahre, nehmen einen tödlichen Unfall "billigend in Kauf".

Zusätzlich angeklagt wurde er wegen Fahrens ohne passende Fahrerlaubnis sowie wegen Straßenverkehrsgefährdung und Fahrerflucht – laut Anklage soll er zuvor ein Auto beschädigt haben. Statt anzuhalten, sei er "mit deutlich mehr als 100 Stundenkilometern" weitergefahren, bis es zur tödlichen Kollision gekommen sei.

"Natürlich hat der Angeklagte sich schuldig gemacht", räumte die Verteidigung ein. Aber die Mordanklage sei "übertrieben". Eher gehe es hier um "jugendlichen Leichtsinn". Junge Leute neigten dazu, ihre Fähigkeiten zu überschätzen und Gefahren zu unterschätzen. Aber der Angeklagte habe niemanden töten wollen. Sonst hätte er ja auch die eigenen Verletzungen billigend in Kauf nehmen müssen, so die Verteidigung.

Die beiden Anwälte rügten auch, dass das Landgericht wegen Überlastung der eigentlich zuständigen Strafkammer kurzfristig eine "Hilfsstrafkammer" eingerichtet habe, die nur für dieses Verfahren zuständig sei. Das sei rechtswidrig. Bis Donnerstag will das Gericht über die Rüge entscheiden.

Ressort: Panorama

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