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Kopfrechnen leicht gemacht

Dorothee Soboll
  • Fr, 23. Oktober 2015
    Südwest

     

Die Science Days im Europa-Park sollen Schüler spielerisch für Naturwissenschaften begeistern.

Ein Auto  soll auf 100 Luftballons ste...ays, und Europa-Park-Chef Jürgen Mack.  | Foto: Soboll
Ein Auto soll auf 100 Luftballons stehen. An Bord sind Joachim Lerch, der Macher der Science Days, und Europa-Park-Chef Jürgen Mack. Foto: Soboll
Ein Schrottauto schwebt langsam durch die kalte Herbstluft, große Schüleraugen beobachten jede Bewegung. Macht es jetzt gleich bumm? Auf dem Außengelände der Science Days im Europa-Park läuft ein aufsehenerregendes Experiment des Technischen Hilfswerkes. Die Ehrenamtlichen wollen den verbeulten BMW auf 100 Luftballons setzen, ohne dass sie platzen. "Wir möchten damit zeigen, wie stark Luft sein kann, wenn man sie einschließt", sagt Andreas Fleig vom THW Emmendingen. Wird er recht behalten?

Um dem 1400 Kilogramm schweren Auto noch mehr Gewicht zu geben, haben sich Joachim Lerch, der Macher der Science Days, und Europa-Park-Geschäftsführer Jürgen Mack hineingesetzt. Vorsichtig stellt ein Kran das Auto in Millimeterarbeit auf die vier Plexiglasscheiben, unter denen die blauen Luftballons liegen. Es macht nicht bumm. Die Ballons platzen nicht, obwohl sie stark zusammengedrückt werden und sich die Plexiglasscheiben ordentlich biegen. Andreas Fleig überrascht das nicht: "Wir haben das auch schon mit einem VW-Bus ausprobiert, da geht nichts schief."

Zum inzwischen fünfzehnten Mal sollen in Rust Schüler aus ganz Südbaden für etwas begeistert werden, was einige als dröge und kompliziert empfinden: Naturwissenschaften. Das Wissen hierzu vermitteln sollen Menschen wie die junge Palästinenserin Diyaa Radayda von der Al-Quds-Universität in Jerusalem. Die hübsche Frau mit dem Kopftuch steht an ihrem Stand in einer der Hallen, sie vertritt ihre Uni und ein Land, über das die Kinder und Erwachsenen hier in Rust nur wenig wissen. Die Schüler lernen an ihrem Stand, eine leuchtende Dekoration aus Plastikbechern und Knicklichtern zu basteln, die wunderbar in die Halloween-Zeit passt.

Diyaa Raydad und ihre Schwester Raje stehen an einer von 80 Mitmachstationen bei den dreitägigen Science Days, die schon am Eröffnungstag viele Schulklassen in den Park locken. Entsprechend laut und wuselig geht es in den Hallen zu. Dass die beiden Palästinenserinnen nur Englisch und Arabisch sprechen, stört die Schüler nicht. Wenn es über die Sprache nicht klappt, verständigen sie sich mit Händen und Füßen. Wenig später halten die Schüler stolz ihren selbst gebastelten Lichtbecher in der Hand. "Ich finde es großartig hier", sagt Diyaa Radayda, die Umweltwissenschaften studiert hat. Sie ist zum zweiten Mal bei den Science Days und begeistert von den vielen Angeboten: "Ich hoffe, dass ich wieder einige Ideen für Experimente mit nach Palästina nehmen kann." Den Veranstaltern sei es wichtig gewesen, Vertreter der Al-Quds-Universität einzuladen. "Bei der aktuellen Stimmung, die in Deutschland herrscht, wollen wir zeigen, dass es auch in arabischen Staaten junge, emanzipierte Wissenschaftlerinnen gibt", sagt Nora Keim, die die Science Days mitorganisiert.

Weniger turbulent als in den Hallen geht es in der Garderobe von Gert Mittring zu. Der neunfache Weltmeister im Kopfrechnen und Buchautor, ein unscheinbarer Mittvierziger aus Bonn, ist ganz froh, dass er vor seinem Auftritt vor den Schülern noch ein paar Minuten Ruhe hat. Um seine Rechenmethode zu erklären, nimmt er sich aber gerne die Zeit. "Es geht mir darum, das Kopfrechnen einfacher zu machen", sagt er. Im Grunde reiche das kleine "Fünfmalfünf", der Rest sei logische Mathematik – wie bei 22 mal 23. "In beiden Zahlen kommt die 20 vor, wir rechnen also 20 mal 20. Das Ergebnis 400 merken wir uns. Dann nehmen wir die jeweils letzten Ziffern, also hier die Zwei und Drei. Die Summe daraus ist fünf, das multiplizieren wir mit 20 und merken uns das Zwischenergebnis 100. Anschließend multiplizieren wir die jeweils letzten Ziffern, also wieder die Zwei und die Drei, und bekommen die Sechs. Die addieren wir zu den 400, den 100 und bekommen 506: das Ergebnis von 22 mal 23." Das ist für die Schüler laut Mittring eine mittelschwere Aufgabe, die er selbst in Windeseile löst. "Wenn ich das rechne, ist viel Routine dabei, aber auch bei mir läuft im Geiste dieses Schema ab."

So wird es wohl auch sein, wenn er am Freitag versucht, einen neuen Weltrekord aufzustellen. Dafür muss er aus einer Zahl mit einer Million Stellen eine fünfstellige Wurzel ziehen. "Dieser Versuch macht mich schon ein bisschen nervös", gibt er zu. Besonders dann, wenn ihm nicht nur viele Schüleraugen gespannt dabei zusehen.

Ressort: Südwest

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