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London

Forscher: Nessie ist aus Plastik

Peter Nonnenmacher
  • Sa, 16. April 2016
    Panorama

     

Auf Sonarbildern vom Loch Ness wurde etwas entdeckt, das dem legendären Monster ähnelt / Doch es ist nur eine Filmrequisite.

Das Sonarbild mit dem Plastik-Monster   | Foto: Kongsberg Maritime/dpa
Das Sonarbild mit dem Plastik-Monster Foto: Kongsberg Maritime/dpa

LONDON. Einen Augenblick lang herrschte helle Aufregung in Inverness und Umgebung. Sonarforscher hatten in den Tiefen von Loch Ness die Umrisse des Monsters entdeckt. Seit Ewigkeiten hatte man hier nach Nessie gefahndet. Nun war sie gefunden. Drunten auf 180 Meter Tiefe, mitten im See, lag das schottische Ungeheuer. Das Sonarbild ließ keinen Zweifel daran. Nur war es halt, wie sich schnell heraus stellte, nicht ganz die gute alte Nessie, die man erwartet hatte. Sondern nur eine Nachbildung – eine Filmattrappe.

Der Aufregung folgte schnell landesweites Gelächter. Britische und norwegische Forscher, die mit einem ferngesteuerten Sonar-U-Boot zwei Wochen lang den See durchkämmten, waren auf das Film-Double Nessies gestoßen, das 1969 für einen Sherlock-Holmes-Film produziert wurde. Der Film hieß "Das Privatleben von Sherlock Holmes", und Billy Wilder war sein Regisseur. Wilder, bekannt von "Manche mögen’s heiß" und anderen Hollywood-Erfolgen, war mit seinem Filmteam ans Loch Ness gereist, um Holmes und Nessie in den Nebeln der schottischen Highlands Gelegenheit zu einem Rendezvous zu geben. Wally Veevers, verantwortlich für Spezialeffekte, hatte aus diesem Anlass ein neun Meter langes Nessie-Modell herstellen lassen. Das sollte Sherlock Holmes und dem Kinopublikum einen schönen Schrecken bereiten.

Dummerweise aber überlebte die Attrappe die Dreharbeiten nicht. Wilder machte einen Fehler. Ihm gefielen die Höcker des Monsters nicht. Als man sie auf sein Geheiß hin abnahm, geschah genau das, wovor Mitarbeiter des Filmteams gewarnt hatten. Das Nessie-Modell blubberte, sank und ward nie wieder gesehen. Jedenfalls nicht bis heute.

Erst "Munin, der Roboter" ortete, 47 Jahre später, das abgesackte Modell. Übrigens hatte der ins Sonar-U-Boot eingelassene Roboter schon vorher eine Entdeckung gemacht, die Nessie-Fans zutiefst enttäuschen musste. Er hatte festgestellt, dass es in Loch Ness keine Falte oder geheime Furche gibt, in der sich das (wirkliche) Monster jemals hätte verstecken können. Betrübt, aber ehrlich, gab die schottische Tourismuszentrale nun zu, die Forscher hätten nachgewiesen, dass "eine Anomalie oder ein Abgrund in der betreffenden Gegend" nicht existierten.

Andererseits fand Munin außer der Nessie-Attrappe das acht Meter lange Wrack eines Schiffes auf dem Grund des geheimnisumwitterten Sees. Davor hatte man schon einen Wellington-Bomber aus dem Zweiten Weltkrieg, ein hundert Jahre altes Fischerboot der Zulu-Klasse und John Cobbs Schnellboot Crusader aus dem Jahr 1952 geortet. Mit dem Crusader hatte Cobbs seinerzeit einen neuen Geschwindigkeits-Rekord aufzustellen versucht. Unglücklicherweise verunglückte er bei mehr als 300 Stundenkilometern und fand im See den Tod.

An den Ufern von Loch Ness sucht man sich indessen über den jüngsten Rückschlag hinweg zu trösten. Zwar habe man ein Monster gefunden, aber halt leider nicht das, auf das die Leute gehofft hätten, gestand der Chef der "Operation Groundtruth", der langjährige Nessie-Jäger Adran Shine, ein. Die Tourimuszentrale hält sich derweil an eine unumstößliche Wahrheit: "All diese Gerätschaften mögen uns alles Mögliche enthüllen. Aber was in den Tiefen von Loch Ness verborgen liegt, wird immer von einem Gefühl des Mysteriösen und des Unbekannten umflutet sein."

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 16. April 2016: PDF-Version herunterladen

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