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Zischup-Schreibwettbewerb Frühjahr 2022

Der Untergang

  • bzt

  • Mi, 27. April 2022, 13:04 Uhr
    Schreibwettbewerb Zischup

     

Von Nina Sundall, Klasse 12b, Bertha-von-Suttner-Schule, Mörfelden-Walldorf (Hessen)

Irgendwo im Weltraum liegt vielleicht der Planet Aurelia X<ppp></ppp>  | Foto: senoldo  (stock.adobe.com)
Irgendwo im Weltraum liegt vielleicht der Planet Aurelia X Foto: senoldo  (stock.adobe.com)
Liebe/r Unbekannte/r,
ich möchte dir von dem Untergang der Erde erzählen. Du kennst die Erde gar nicht. Du hast sie nie gesehen. Deswegen, möchte ich Dir erzählen, wie sie war und warum sie jetzt Geschichte ist. Wir schreiben das Jahr 2050. Die Welt ist nicht mehr die, die sie mal war. Wer auch immer das liest, die Erde wie ich sie kenne, wirst Du nie kennenlernen.

2031 fing alles an. Zunächst kam es zu unzähligen Naturkatastrophen. Ganze Städte wurden überflutet und Hurrikans wüteten über Glasgow, London und Birmingham. Später dann auch in einzelnen Städten Deutschlands und Dänemarks. Letzten Endes war kein Land, keine Stadt und kein Dorf von Naturkatastrophen verschont worden. Uns allen war bewusst, dass dies nichts Gutes verheißen kann, aber was dann kam, hätten wir niemals erwartet.

2047 kam es zu einer weltweiten Pandemie. Unzählige Kranke wurde im Fernsehen ausgestrahlt und die normalen Nachrichtenthemen, wie das Wetter oder politische Themen, komplett verdrängt. Es war unmöglich, auch nur eine Minute an etwas anderes zu denken, da das einzige Thema im Radio und im Fernsehen eben diese Pandemie war. Das Virus XIV. Alle Menschen waren der Panik verfallen und kauften riesige Vorräte ein. Nun steckten wir in einer Pandemie und einer wirtschaftlichen Krise. Das Tückische an diesem Virus? Alle über 21 Jahren sterben an diesem Virus. Du kannst dir also vorstellen, dass ich mich sehr alleine und aufgeschmissen gefühlt habe, da meine Eltern tot sind.

Ich heiße übrigens Ivy und bin 17. Ich wurde also von diesem Virus verschont. Jeder Tag auf der Erde war eine Herausforderung, da mit der Zeit auch die Nahrung knapp wurde. Wie hätte es auch anders kommen sollen? Alle über 21 sind tot und dementsprechend war die Wirtschaft in einem Tief. Schlimmer als je zuvor. Wir alle wussten nicht, was wir tun sollten, um die Wirtschaft wieder auf Vordermann zu bringen.

Du fragst dich sicherlich, warum es überhaupt erst zu den Naturkatastrophen und der Pandemie kam. Nun ja, die Verschmutzung der Natur, die wachsende Wirtschaft und die damit verbundenen Abgase haben die Umwelt von einem Lebensraum in eine Todesfalle verwandelt. Hätte unsere vorherige Generation mehr auf die Umwelt geachtet, wäre ich jetzt nicht, wo ich bin.

Wo ich bin? Ich befinde mich auf einem anderen Planeten: Aurelia X. Alle unter 21 sind hier her mittels Raumschiff geflüchtet. Es war der einzige Ausweg. Wenn Du diesen Brief hier liest, wohnst du schon länger auf Aurelia. Es tut mir leid für Dich, dass du nie die Erde in ihrer Schönheit erlebt hast.

Vor den Katastrophen und der weltweiten Pandemie war die Erde von unzähligen exotischen Tieren besiedelt und überall fand die Natur ihren Weg in die dicht besiedelten Städte. Die Erde scheint als einzigen Weg für das Entkommen ihres Untergangs die natürliche Selektion gesehen zu haben.

Kurz, bevor ich die Erde verlassen hatte, bin ich durch Glasgow gelaufen. Das Bild, das sich mir bot, war erschreckend: abgebrannte Häuser, Rauch über der ganzen Stadt, verlassene und verdreckte Straßen. Außerdem war alles zugewachsen. Wie ich es ja bereits gesagt habe, die Natur hat ihren Weg in die Stadt gefunden und die Erde übernommen. Sie war wieder im Gleichgewicht.

Aurelia hingegen ist alles andere als schön. Man verbringt sein restliches Leben unter einer Kuppel, unter sterilen Bedingungen. Die Menschen hier haben Angst vor Krankheiten. Verständlicherweise. Meine, oder besser gesagt unsere Welt, ist nicht grün, sondern weiß. Sie riecht nicht nach Gras und Blumen, sondern nach Desinfektionsmittel. Die paar Bäume, die hier gewachsen sind, als wir ankamen, wurden abgeholzt, und überall wurden weiße Keramikplatten verlegt. Zudem haben wir damit begonnen, eine Wirtschaft aufzubauen. Doch wir haben nicht aus den Fehlern unserer Vorfahren gelernt: Wir verdrängen die Natur immer weiter aus unserer Stadt und verpesten die Atmosphäre in der Kuppel mit Abgasen.

Liebe/r Unbekannte/r,
es tut mir leid, dass Du die Erde nie in ihrer Schönheit kennengelernt hast. Genau genommen hast und wirst du sie nie kennenlernen. Das alles ist nicht die Schuld meiner Generation, aber der Generation vor mir. Sie haben keine Rücksicht auf die Umwelt genommen, und nun tragen wir, Du und ich, die Konsequenzen dafür. Egal, wie oft ich mich dafür entschuldige, eine Rückkehr auf die Erde wird nie möglich sein. Du wirst nie das Zwitschern von Vögeln hören. Du wirst nie frische Meeresluft atmen. Du wirst nie das Rascheln der Blätter hören, wenn der Wind die Bäume trifft. Aber das Schlimmste ist, egal wie sehr ich versuche, dir die Natur der Erde zu visualisieren, Du wirst sie dir nie vorstellen können, weil du noch nie einen Baum gesehen hast oder geschweige denn einen Grashalm. Vielleicht sehnst du dich auch gar nicht danach, eben weil Du sowas noch nie gesehen hast. Doch leider wird es auch dabei bleiben.

Ressort: Schreibwettbewerb Zischup

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