Der "Deutsche Herbst" brannte sich 1977 tief ins Gedächtnis einer Nation ein. Besuche bei Beteiligten - 25 Jahre später / Von Franz Schmider.
K arl Weil hatte frei an diesem Tag. "Wir haben Brombeeren gepflückt", erzählt der heute 73-Jährige. Zusammen mit seinem Vater. Dann hörte er das Knattern des Mofas seines Sohnes Stefan durch die Laubenkolonie kommen. Aufgeregt rief der Junge zum Vater herüber: "Herr Ade vom Innenministerium hat angerufen. Ich soll dir sagen: In Köln wurde geschossen." Karl Weil ließ alles stehen und rannte zu seinem Auto. Seine Erinnerung an diesen 5. September 1977 ist noch so präzise, dass er das Kennzeichen seines VW-Passat erwähnt: LEO-VP 77. Er fuhr zu seiner Dienststelle in die Bottroper Straße nach Stuttgart-Bad Canstatt. Zusammen mit Kollegen saß er vor dem Fernsehbildschirm. "Keiner sagte ein Wort."
Im Gedächtnis von Karl Weil haben sich die Bilder tief eingebrannt, er kann sie bis heute nicht sehen, ohne dass er einen Kloß im Hals spürt, ohne dass er einen tiefen Schmerz empfindet. "Alle kennen diese Bilder, diese Polizisten, die am Boden liegen. Aber ich weiß genau: der im karierten Hemd, das ist der Reinhold Brändle. Mehr als 20 Jahre war der in Einheiten unter meiner Führung tätig. Und auch die anderen. Das waren meine Leute, ich kannte sie als Menschen." Karl Weil, seit 13 Jahren Polizeihauptkommissar im Ruhestand, war Chef des Personen- und Objektschutzes (POS) in Stuttgart, Vorgesetzter von Reinhold Brändle, Roland Pieler und Helmut Ulmer, den ...