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Volleyball

17 Jahre, 2 Meter: Schnabel ist das Talent bei 1844 Freiburg

Matthias Kaufhold
  • Fr, 16. Oktober 2015, 00:00 Uhr
    Volleyball

     

Er gilt als Freiburger Volleyball-Küken – auch wenn das nicht so richtig passt für einen Zwei-Meter-Mann: Peter Schnabel ist das Top-Talent bei 1844 Freiburg. Matthias Kaufhold stellt ihn vor.

Ein langer Kerl, doch als Mittelblocker gerade groß genug: Peter Schnabel   | Foto: Achim Keller
Ein langer Kerl, doch als Mittelblocker gerade groß genug: Peter Schnabel  Foto: Achim Keller
Wer dem Küken der Freiburger Volleyballer begegnet, fühlt sich auf einmal ganz klein. Zwei Meter misst Peter Schnabel, der bei 1844 Freiburg nur von seinem Mittelblockerkollegen Johannes Stemmann (2,02 Meter) überragt wird. An die zwei Meter maß Schnabel bereits, als er vor einem Jahr mit gerade 16 Jahren in den Zweitbundesliga-Kader des Vereins aufrückte. Und doch stellt sein Trainer Wolfgang Beck vor dem Heimspiel am Samstag, 20 Uhr, gegen die TGM Mainz-Gonsenheim fest: "Peter ist ein bisschen rausgewachsen aus der Rolle des Kükens."

Ein bisschen ist gut: Das Küken Schnabel hat im Frühjahr bereits ausgedehnte Flugstunden nach Argentinien und die Türkei unternommen – und ist absturzfrei zurückgekehrt ins 1844-Nest. Mit der deutschen U-19-Nationalmannschaft schmetterte sich Schnabel Mitte April bei der Europameisterschaft im türkischen Sakarya auf Rang vier. Vier Monate später landete er bei der Weltmeisterschaft der gleichen Altersstufe in Südamerika auf Rang 13.

"Das hat ihm schon einen Pusch gegeben", sagt Beck, wobei der Spielertrainer Fortschritte vor allem nach der EM festgestellt hat. Hier war der 17-jährige Gymnasiast als Stammkraft im Mittelangriff maßgeblich am Halbfinaleinzug beteiligt. Bei der Weltmeisterschaft kam Schnabel lediglich zu Teileinsätzen gegen Brasilien, Japan und Puerto Rico. "Ich hatte eigentlich schon gedacht, dass ich gesetzt bin", räumt der Freiburger ein. Allerdings zog der Bundestrainer mit WM-Beginn einen acht Zentimeter größeren Konkurrenten vor, wohl um die Reichweite im Block zu vergrößern. International gelten Zweimeterkräfte auf der Mittelposition am Netz fast schon als Zwerge.

Sieben Finger – in Argentinien erinnern Fans an Fußball-WM

Den Trip nach Nord-Argentinien hat Schnabel dennoch nicht bereut. Die Hallen in den WM-Spielorten Corrientes und Resistencia unweit der Grenze zu Paraguay waren bei den deutschen Spielen mit 2000 bis 4000 Zuschauern stets gut gefüllt. Nach den Partien warteten bis zu 500 Fans am Ausgang für Autogramme und Selfies. "Wir Deutschen waren neben den USA und Gastgeber Argentinien sehr beliebt", hat Schnabel festgestellt. Beim Warmlaufen in der Halle reckten ihnen viele Zuschauer verschwörerisch sieben Finger entgegen – für jene sieben Tore, die Deutschlands Fußballer auf dem Weg zum WM-Titel dem Erzrivalen Brasilien im Halbfinale eingeschenkt hatten.

Als 13. wurde das WM-Ziel, die Spiele um die Plätze 9 bis 12 zu erreichen, knapp verfehlt. Schnabel kann das aber gut erklären: "Wegen Krankheit, Verletzung und anderer Gründe haben uns im Vergleich zur EM sechs Spieler gefehlt." Dazu gehörte auch sein 1844-Vereinskollege Sven Winter, der im Sommer der Beachvariante den Vorzug gab. "Sven hätte uns nicht zuletzt in der Annahme sicher weitergeholfen", sagt Schnabel, der Winter in der zweiten Bundesliga bei den Duellen gegen die VolleyYoungstars Friedrichshafen wiedertrifft. Der U-18-Beach-Europameister wechselte 2014 ins Volleyballinternat nach Friedrichshafen.

Auch Schnabel lag mehrfach das Angebot vor, in die Nachwuchsschmiede des deutschen Rekordmeisters überzusiedeln. Doch der gebürtige Freiburger, der mit seiner Familie mittlerweile in Merzhausen lebt, entschied sich für das ortsnahe Leistungskonzept, bei dem sich nach seiner langwierigen Knieverletzung 2013 die Puzzleteile sehr gut zusammenfügten.

Der Schüler des Rotteck-Gymnasiums musste keinen Schulwechsel verkraften. Die Partnerschule des Olympiastützpunkts Freiburg-Schwarzwald (OSP) gewährt ihm nach sonntäglichen Zweitliga-Spielen am Montagmorgen schon mal schulfrei und ermöglicht sieben Trainingseinheiten pro Woche, weil Schnabel sich am Donnerstag um acht Uhr in der Frühe statt beim Schulsport im OSP-Kraftraum verausgaben darf. "Rund ums Volleyball hat er in seinem gewohnten Umfeld keine Stressfaktoren", erläutert Beck den Vorteil des Freiburger Wegs.

Für den Verein verläuft Schnabels Entwicklung gewissermaßen idealtypisch: Als Zwölfjähriger wurde Schnabel im Schulsport vom hauptamtlichen Jugendtrainer Daniel Raabe entdeckt und dann bei 1844 sukzessive aufgebaut. "Für mich ist die Situation hier optimal", bekennt der Geförderte, der weiß, dass im Leistungssport neben Talent vor allem dies zählt: Disziplin und Organisation. Wobei: "Im Training fällt es mir leichter, diszipliniert zu sein, als bei den Hausaufgaben", gesteht er. Zu schulischen Problemen hat das freilich bislang nicht geführt.

Mit gelassenem Blick zieht Schnabel durch die Welt, scheinbar nichts kann ihn aus der Ruhe bringen. Sein Trainer wünscht sich manchmal auf dem Feld ein wenig mehr Feuer. "Wir werden aus ihm keine Emotionsmaschine machen", sagt Beck, "doch er ist schon nicht mehr so zurückgezogen wie am Anfang". Es ist eben nicht so leicht, sich in eine gestandene Zweitliga-Mannschaft einzufügen, bei der der zweitjüngste Spieler immer noch fünf Jahre älter ist als Schnabel.

Erste Bundesliga, Profi, USA – alles denkbar

Wobei seine Introvertiertheit nicht mit fehlendem Ehrgeiz verwechselt werden darf. Er will in diesem Jahr nicht mehr nur Mitspieler sein, sondern Spielentscheider. Es kommt ihm entgegen, dass die Angriffssysteme in diesem Jahr zügiger ablaufen. Mehr soll bei 1844 über die Mitte gehen, mehr über Schnabel, der sich intern mit den Kollegen auf ein Saisonziel verständigt hat, das bislang nicht nach außen getragen wurde: "Wir wollen besser sein als vor einem Jahr." Soll heißen: Der Vorjahresvierte will oben mitspielen.

Wo liegt das Limit für Schnabel? Erste Bundesliga kann sich Beck für seinen Youngster mittelfristig durchaus vorstellen. Erste Bundesliga hat Schnabel durchaus im Sinn, wenn er im kommenden Frühjahr sein Abitur gebaut hat. Denkbar sei auch ein Volleyball-Stipendium in den USA oder der Wechsel nach Berlin, wo die besten deutschen Junioren beim Erstligisten VC Olympia zusammengezogen werden. "Denkbar ist auch, dass ich noch ein Jahr in Freiburg bleibe", sagt Schnabel.

Als Nesthocker aufgewachsen, als Nestflüchter zum Profi geworden. Sollte das Freiburger Volleyball-Küken auf diese Art flügge werden, dürfen sie sich bei 1844 zurecht ein wenig aufplustern.

Kompakt: Auch wenn Mainz-Gonsenheim

aus drei Saisonspielen nur einen Punkt geholt hat (bei der 2:3-Niederlage gegen Leipzig), warnt Beck, den Rückkehrer in die zweite Liga nicht zu unterschätzen: "Das ist eine unangenehme Mannschaft, gegen die wir uns noch nie leicht getan haben." Beck ist gespannt, ob die Gastgeber den Schub vom süddeutschen Pokalerfolg am vergangenen Sonntag mit dem 3:0-Finalsieg gegen Zweitligameister SV Fellbach mitnehmen können. "Mainz wird nicht so feste in unseren Block hauen wie Fellbach", vermutet er. Bei 1844 ist Mittelblocker Eric Dufour-Feronce zwar wieder dabei, hat aber nach seinem Südamerika-Trip noch Trainingsrückstand.

Ressort: Volleyball

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 16. Oktober 2015: PDF-Version herunterladen

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