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"Wir schreiben meist sozialkritisch"

  • Fr, 23. April 2021
    Schülertexte

     

ZISCHUP-INTERVIEW mit Redakteur Oliver Matthes über seinen Werdegang und seinen Job bei der Straßenzeitung "Freie Bürger".

In vielen Städten gibt es viel soziale Not. Auch das muss thematisiert werden.   | Foto: Peter Kneffel (dpa)
In vielen Städten gibt es viel soziale Not. Auch das muss thematisiert werden. Foto: Peter Kneffel (dpa)

Seit 23 Jahren gibt es in Freiburg die Straßenzeitung "Freie Bürger". Oliver Matthes gehört zur Redaktion der Zeitung und erzählt im Interview mit Jana Matthes und Anne Reinig, beide Schülerinnen der Klasse 8.2 des Evangelischen Montessori-Schulhauses in Freiburg, wie er zu dem Job kam und was das Besondere an der Zeitung ist.

Zischup: Über was schreibt die Straßenzeitung "Freie Bürger"?
Matthes: Wir wollen in erster Linie die Zeitung abwechslungsreich gestalten, damit für jede Leserin und für jeden Leser etwas Interessantes zum Lesen dabei ist. Wir wollen durch unser Schreiben informieren, aber auch unterhalten. Wir sind eine Straßenzeitung, daher schreiben wir natürlich viel über Menschen, denen es in unserer Gesellschaft nicht so gut geht. Wir schreiben meist sozialkritisch, weil wir uns soziale Gerechtigkeit wünschen. Und natürlich schreiben wir auch über das, was in unserer Stadt Freiburg so abgeht, und was leider nicht abgeht. Unsere Themen sind unter anderem: Stadtpolitik, Subkultur und viele Geschichten über Menschen.
Zischup: Wie lange machen Sie schon bei der Straßenzeitung mit?
Matthes: Ich kann es manchmal selbst nicht glauben, aber ich bin demnächst seit acht Jahren Teil des Teams. Bisher eine meiner schönsten beruflichen Reisen in einem tollen Team, weil jeder Tag anders ist und die redaktionellen Aufgaben sehr abwechslungsreich sind.
Zischup: Wurde oder wird die Zeitung während der Corona-Zeit verkauft?
Matthes: Ja, bis auf zwei Ausgaben. Beim ersten Lockdown war es die April-Ausgabe 2020 und beim zweiten Lockdown die Januar-Ausgabe 2021, die wir nicht herausgebracht haben. Wir hatten die jeweiligen Ausgaben zwar druckreif fertig, aber wieso drucken lassen und viel Geld bezahlen, wenn in der Freiburger Innenstadt sämtliche Geschäfte geschlossen und keine Menschen unterwegs sind. Das macht wenig Sinn! Unsere Verkäuferinnen und Verkäufer würden an ihren Verkaufsplätzen stehen und keine einzige Zeitung verkaufen. Aktuell wird die Zeitung unter sämtlichen Corona-Hygienevorschriften (Maske tragen, Abstand halten und so weiter) erfolgreich verkauft.
Zischup: Wissen Sie, wie die Zeitung entstanden ist?
Matthes: Aber natürlich! Die Idee, eine Straßenzeitung in Freiburg zu machen und letztendlich den Verein selbst zu gründen, entstand 1998. Bei einer gemütlichen Runde Bier saßen einige engagierte Menschen zusammen und entwickelten den Gedanken einer Zeitung. Primär ging es um den legalen Gelderwerb, der das damals bestehende Bettelverbot umgehen würde. Jedoch war auch die Aussicht auf eine freie Meinungsäußerung sehr verlockend und wurde immer mehr zum Hauptgrund der Zeitungsherstellung. Soziale und politische Probleme ansprechen, die Verursacherinnen und Verursacher kritisieren und auch der Versuch, Lösungen anzubieten, das ist das, was die Zeitung "Freie Bürger" seit 23 Jahren von vielen anderen Zeitungen unterscheidet.
Zischup: Wie und warum sind Sie Redakteur geworden?
Matthes: Studiert habe ich vor vielen Jahren Grafik-Design. Nach meinem Studium 1993 war ich ab 1994 dreizehn Jahre in Düsseldorf und ab 2007 für drei Jahre in Griechenland. Als ich im Jahr 2010 wieder nach Freiburg zurückkam, bedingt durch die Auswirkungen der damaligen Wirtschaftskrise, und erstmal ohne Job dastand, machte ich durch das Jobcenter gefördert eine Ausbildung zum Webdesigner. Danach bekam ich durch das Jobcenter die Möglichkeit in der Redaktion von "Freie Bürger" einen Minijob zu machen. Das Team und ich verstanden uns auf Anhieb richtig gut, ich schrieb dann auch nach kurzer Zeit meinen ersten Artikel und fand alles dort sehr spannend. Nach einem Jahr bot mir das Team eine Festanstellung an und so kam es, dass ich vom Grafik-Designer als Quereinsteiger Redakteur wurde. Ja, alles ist möglich!
Zischup: Sind Sie mit ihrem Berufswunsch glücklich?
Matthes: Zurückblickend bin ich immer noch sehr glücklich über meine Wahl des Grafik-Design-Studiums und meinen Berufswunsch Grafik-Designer. Genauso glücklich bin ich über die Chance, die ich bekommen habe, als Redakteur zu arbeiten. Daher wünsche ich mir an meinem Arbeitsplatz in der Redaktion noch viele tolle Jahre. Ja, das würde mich sehr glücklich machen!

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 23. April 2021: PDF-Version herunterladen

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