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"Zurück zu Heißzeit?"

Wie das Team des Planetarium Freiburg eine 360°-Show produziert

Simone Höhl
  • Sa, 19. September 2015
    Freiburg

     

Seit Freiburgs Planetarium sich mit seiner neuen High-Tech in ein Rundumkino verwandeln kann, sind ganz neue Shows möglich. Das Team produziert jetzt ein Programm zur Klimageschichte mit dem Titel „Zurück zur Heißzeit?“, die im Winter fertig sein muss.

Die Show zur Klimakonferenz erklärt au...Kohlendioxid in die Atmosphäre stieg.   | Foto: Michael Bamberger
Die Show zur Klimakonferenz erklärt auch, wie Kohlendioxid in die Atmosphäre stieg. Foto: Michael Bamberger

Eiskalt erwischt hat das Planetarium da nun ein großer Datencrash. Doch die aufwendige Arbeit läuft, die Computer rechnen allein seit zwei Wochen an einer kurzen Sequenz, die den Erdball zeigt, und sind noch nicht fertig.

Wie um Himmels willen produziert man eigentlich eine Multimediashow für ein Planetarium? In unendlich vielen kleinen Schritten, das zeigt ein Besuch im Kosmoskino: "Man muss zunächst ein Script erstellen", sagt Otto Wöhrbach. Der Leiter des Planetariums sitzt am Freitag unter Südbadens größter Kuppel. Der Rand ist schwach beleuchtet, in die Mitte ragt der Zeiss-Projektor für den Sternenhimmel. Alles andere beamt die Full-Dome-Technik ins Halbrund, die vor zwei Jahren klapprige Dia- und Videoprojektoren ersetzte – und neue Möglichkeiten eröffnet.

Datencrash wirft die

Produktion zurück

Gerade arbeitet das Team daran, die komplette Klimageschichte der Erde über 4,6 Milliarden Jahre zu zeigen. Sie soll pünktlich zur UN-Klimakonferenz im Dezember fertig sein. Anfang des Jahres begann Wöhrbach mit dem Script, beim Schreiben berücksichtigt er, dass viele Besucher wenig Vorkenntnis mitbringen. "Wir müssen alles erklären." Das Planetarium hat einen Bildungsauftrag. Den Text sprechen er, seine Kollegen und weibliche Profis im kleinen Tonstudio des Planetariums ein. Dann wird Musik dazugemixt, passend zu den Bildern, die erst nur in Wöhrbachs Kopf existieren. Der Planetariumsleiter steht auf und startet den Sound. Düstere Musik erfüllt den Saal. "Da stell’ ich mit vor, wie der Sternenhimmel aufgeht." Helle Geigen. "Jetzt taucht die Erde auf." Die Sprecher setzen ein, es klingt wie ein Film, doch bis zur kompletten Show gibt es noch viel Arbeit. Doch mitten in der Produktion kam der Datencrash. Festplatten der riesigen Datensicherung waren hinüber, alles musste zu einer Spezialfirma, die es wohl retten konnte, aber auch neue Platten waren kaputt, noch ist nicht wieder alles da. "Die analoge Welt war manchmal schon die bessere", sagt der Leiter und lacht. "Wir werden auf jeden Fall Vollgas geben", verspricht Benjamin Waller.

Der Multimediaproduzent sitzt inzwischen am Schaltpult und meint zu seinem Chef: "Die Erde ist in vier Tagen fertig." Seit zwei Wochen rechnen Computer am Ausschnitt, in dem die Erde auftaucht. Waller hat dazu in einem 3-D-Programm auf eine Kugel ein Nasa-Bild gelegt, Wolken, Atmosphäre und Sternenhimmel zugefügt; er lässt die Kugel steigen und sich drehen. "Das ist ein sehr schöner, dramatischer Effekt", erklärt der 31-Jährige. Die Szene hat 4600 Einzelbilder, und wird am Ende zweieinhalb Minuten dauern, die ganze Show etwa eine Stunde.

Waller zeigt Ausschnitte, die schon fertig sind – zugekaufte wie zum Beispiel über das erste Leben unter Wasser, das durch die Kuppel flitzt, und selbstgemachte, etwa über Treibhauseffekt und Windkraft. Das Planetarium greift auf seine Datenbank mit dem kompletten Wissen über den Kosmos zurück. Alles kann visualisiert werden, sagt Wöhrbach, der noch eine Santana-Platte im Büroregal hat. Als er 1983 anfing, filmte er mit Super-8, wie eine Kollegin einen Punkt am Faden über die Sonne auf dem Cover zog – fertig war der Venustransit: "Unser erster Special-Effect." Waller wird am Ende alles zu einem Video zusammenfügen. Am Donnerstag wird Wöhrbach Stadträten im Schulausschuss über die jüngste Entwicklung des Planetariums berichten.

Das Planetarium

Das Planetarium sitzt am Hauptbahnhof, schräg gegenüber liegen seine Anfänge: In der Gewerbeschule bauten Richard Fehrenbach, andere Lehrer und Schüler einen Projektor und eröffneten vor 40 Jahren ein Planetarium. Ihr Projektor war bis 2002 im Dienst und zog als Ausstellungsstück mit in Freiburgs Weltraumbahnhof. In der Bismarckallee 7g läuft am Wochenende "Kometen: Eisberge aus der Tiefe des Alls", "Zeitreise: vom Urknall zum Menschen" und "Queen Heaven". Eintritt 6, ermäßigt 4 Euro, reservieren unter http://www.planetarium-freiburg.de Tel. 0761/ 3890630 (nur Mo-Fr vormittags).

Ressort: Freiburg

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 19. September 2015: PDF-Version herunterladen

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