1959 haben sie sich kennengelernt, 1964 geheiratet. Jetzt lebt Heidi Tielemann in einem Heim. Ihr Mann Wilfried ist noch fit – und muss ohne sie klarkommen. Eine Liebesgeschichte.
Vor Kurzem hat er ihre Kleider durchgesehen. Das Sommerkleid mit den Blumen, die Strickkleider für den Winter, ihre Blazer und Hosen. Eine Schrankhälfte voller Stoff gewordener Erinnerungen. Ein Kleid hat er vorne über einem Bügel an die Stange gehängt. Blau, mit weißen Längsstreifen. Ihr Lieblingskleid, sie habe es rauf und runter getragen, sagt Wilfried Tielemann. Er sagt, er wolle bald alles weggeben, nur eines wolle er behalten. Sie soll es bei ihrer Beerdigung tragen.
Wilfried Tielemann ist ein großer Mann, 83 Jahre alt. Vor dem Besuch hatte er am Telefon gesagt: Ich putze aber nicht extra für Sie. Dann ist es in seiner Wohnung in Hannover doch so sauber, als sei noch am Morgen gewischt worden. Früher, sagt er, sei es seine Frau gewesen, die ständig geputzt habe, alle paar Tage Staubwischen, einmal die Woche Saugen. "Warum machst du das so oft", habe er sie gefragt. Heute weiß er, warum. Er weiß überhaupt jetzt viel mehr als früher.
Am Kühlschrank pinnt ein Foto ...