Account/Login

China

Olympische Winterspiele in Peking eröffnen mit Hinweisen auf den Frühling

  • dpa &

  • Fr, 04. Februar 2022, 19:49 Uhr
    Olympische Spiele

     

China will Wintersportnation werden, Startschuss dafür sollen die Olympischen Winterspiele in Peking sein. Bei der Eröffnungsfeier vermied der deutsche IOC-Präsident Thomas Bach kritische Töne.

Eröffnungsfeier im Olympiastadion „Vogelnest“ Foto: Michael Kappeler (dpa)
1/8
Begleitet von politischen Boykotten und Corona-Sorgen haben die 24. Olympischen Winterspiele in Peking begonnen. Unter dem Motto "One World, one Family" ("Eine Welt, eine Familie") versuchten die chinesischen Gastgeber, sich bei der Eröffnungsfeier mit einer bunten und technisch aufwendigen Show im Olympiastadion als modern, weltoffen und friedlich, aber auch selbstbewusst und unbeeindruckt von der Kritik an den Menschenrechtsverletzungen zu präsentieren.

Mit der traditionellen Formel "Ich erkläre die XXIV. Olympischen Winterspiele von Peking für eröffnet" gab Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping am Freitag um 21.51 Uhr Ortszeit (14.51/MEZ) das Startsignal für das erste Weltfest des Wintersports in China. 25 Minuten später steckten die Skilangläuferin Dinigeer Yilamujiang, die zu der von China verfolgten Minderheit der muslimischen Uiguren zählt, und der Nordische Kombinierer Zhao Jiawen gemeinsam die olympische Flamme in eine übergroße Schneeflocke. Nach den Sommerspielen 2008 ist Peking damit der erste Ort der Olympia-Geschichte, der nun auch Schauplatz für Winterspiele ist.

Insgesamt werden bis zum 20. Februar in der Metropole und in den fast 200 Kilometer entfernten Bergen von Zhangjiakou und Yanqing knapp 2900 Sportlerinnen und Sportler aus 91 Nationen starten. In 109 Wettbewerben werden Medaillen vergeben.

Zahlreiche westliche Länder boykottieren die Spiele diplomatisch

Das wegen seiner verästelten Konstruktion als Vogelnest bezeichnete Olympiastadion war bei der Zeremonie bei minus fünf Grad wegen der Corona-Pandemie nur zur Hälfte gefüllt. Auf der Ehrentribüne fehlten zudem zahlreiche hochrangige Regierungsvertreter vor allem aus dem Westen. Länder wie die USA, Großbritannien, Kanada und Australien boykottieren die Winterspiele diplomatisch. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hatten angekündigt, nicht zu den Spielen nach China zu reisen. Von einem Boykott will die Bundesregierung wie auch Japan aber nicht sprechen.



Dagegen war der russische Präsident Wladimir Putin nach Peking gekommen und bei der Eröffnung dabei. Vor Olympia-Beginn hatte er mit Chinas Präsident Xi große Einigkeit in der Ukraine-Krise und bei den wachsenden Spannungen mit den USA demonstriert – und damit einmal mehr den Mythos widerlegt, dass internationale Sportveranstaltungen unpolitisch seien.

"In unserer brüchigen Welt, in der Spaltung, Konflikte und Misstrauen ständig zunehmen, zeigen wir der Welt: Ja, es ist möglich, erbitterter Gegner zu sein, zugleich aber friedlich und respektvoll zusammen zu leben", sagte IOC-Chef Thomas Bach in seiner Rede an die Teilnehmer gerichtet. Auf Kritik am Gastgeber ging er – wie nicht anders zu erwarten – nicht ein.

Das Motiv der Schneeflocke taucht immer wieder auf

Auch zuvor hatte Bach immer wieder die Neutralität des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) betont und damit klare Aussagen zur Verfolgung der Uiguren und Tibeter, der Unterdrückung der Demokratie-Bewegung in Hongkong und der Meinungsfreiheit durch China vermieden.

Das Showprogramm vor einem weltweiten TV-Publikum war reich an Hinweisen auf den Frühling, der mit dem auch Frühlingsfest genannten und noch laufenden Neujahrsfest zum Jahr des Tigers eingeläutet wird. Zudem zog sich das Motiv der Schneeflocke durch das Programm, mit der die Unterschiedlichkeit der Menschen symbolisiert werden sollte, die dennoch ein gemeinsames globales Zuhause schaffen. Beim Einzug der Nationen lief das deutsche Team als 85. der 91 Mannschaften ins Stadion ein. Angeführt wurde die Delegation von der fünfmaligen Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein, deren Fahnenträger-Funktion manche Beobachter wegen ihrer Dopingsperre aus dem Jahr 2009 kritisch sahen, und dem zweimaligen Bob-Olympiasieger Francesco Friedrich. Rund 75 Mitglieder des Teams waren dabei, darunter etwa 20 Athletinnen und Athleten. Insgesamt sind 149 Sportlerinnen und Sportler aus Deutschland für die Peking-Spiele nominiert worden.

Wie sehr das Thema Corona die Winterspiele bestimmt, bekam die deutsche Mannschaft wenige Stunden vor Beginn der Eröffnungsfeier erneut zu spüren. Die Nordischen Kombinierer Eric Frenzel und Terence Weber mussten nach Angaben des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) nach positiven Tests in die Corona-Quarantäne. Als ersten deutschen Sportler hatte es am Mittwoch Eiskunstläufer Nolan Seegert erwischt.

China will Wintersportnation werden

China setzt auch bei dem Spektakel auf Eis und Schnee seine Null-Covid-Politik konsequent um. Zuschauer aus dem Ausland sind zu den Winterspielen gar nicht erst zugelassen. Sportlerinnen und Sportler, Trainer, Funktionäre und Medienvertreter leben abgeschottet in einer Blase und werden täglich getestet. Im Vorfeld waren auch Vorbehalte laut geworden, China könnte die Ergebnisse der Corona-Tests manipulieren und so möglicherweise unliebsame Konkurrenten oder Kritiker ausschalten.

Allerdings ist die 1,4-Milliarden-Einwohner-Nation noch kein klassisches Wintersportland mit großen Erfolgen. Bei den Spielen 2018 im südkoreanischen Pyeongchang hatten die Athleten des Riesenreichs mit neun Medaillen lediglich den 16. Platz in der inoffiziellen Nationenwertung belegt – mit einer Gold-, sechs Silber- und zwei Bronzemedaillen. In diesem Jahr geht die chinesische Sportführung bei den Heimspielen von mehr Medaillen und einem Vorrücken im Medaillenspiegel aus. Als Stärken gelten die Disziplinen Eiskunstlaufen, Eisschnelllaufen und Shorttrack.

Die Spiele sollen für China der Startschuss sein zum Aufstieg zu einer führenden Wintersport-Macht. Auch die Wintersport-Industrie hofft auf ein Geschäft: Laut Xi Jinping und Thomas Bach gibt es nun angeblich 300 Millionen Wintersportler in China.

Mehr zum Thema:

Ressort: Olympische Spiele

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 05. Februar 2022: PDF-Version herunterladen

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel