Account/Login

Kartellamt legt Facebook Zügel an

Christian Rath
  • Fr, 08. Februar 2019
    Wirtschaft

     

Die Wettbewerbshüter wollen die umfassende Datenauswertung durch das Netzwerk beschränken .

  | Foto: Illustration: adobe.com/dpa
Foto: Illustration: adobe.com/dpa

BONN. Facebook darf nicht mehr automatisch die Whatsapp- und Instagram-Daten seiner Kunden auswerten. Das hat am Donnerstag das Bundeskartellamt entschieden. Facebook missbrauche seine Marktmacht.

Was wird Facebook
konkret untersagt?

Facebook darf die Nutzung des Netzwerks nicht mehr davon abhängig machen, dass die Kunden Facebook auch die Auswertung von Daten aus anderen Quellen erlauben. Konkret geht es um Daten, die bei der Nutzung der Facebook-Töchter Whatsapp und Instagram anfallen, aber auch um Daten, die auf Webseiten entstehen, die Facebook-Tools wie den "Gefällt-mir"-Button nutzen. Facebook muss nun binnen eines Jahres seine Nutzungsbedingungen ändern.

Hat Facebook eine
marktbeherrschende Stellung?

Das Bundeskartellamt hält dies für eindeutig. In Deutschland nutzen 32 Millionen Menschen Facebook, davon 23 Millionen sogar täglich. Facebook ist in Deutschland nicht nur das größte soziale Netzwerk, es gibt auch keinen relevanten Wettbewerber mehr. Google+ wird im April abgeschaltet. Alle anderen Netzwerke wie Diaspora sind viel zu klein, um eine echte Alternative zu sein. Wer sich mit anderen Menschen vernetzen will, muss schließlich dorthin gehen, wo die anderen sind. Ein kleines Netzwerk hat auf dem Markt von Netzwerken deshalb fast keine Chance. Das Kartellamt geht davon aus, dass Berufs-Netzwerke wie LinkedIn oder Xing einen anderen Markt bedienen. Dienste wie Youtube, Twitter, Whatsapp und Instagram hätten nur teilweise gleiche oder ähnliche Funktionen wie Facebook. Doch selbst wenn man diese Dienste in die Betrachtung einbezieht, sieht das Kartellamt eine marktbeherrschende Stellung Facebooks, unter anderem weil Whatsapp und Instagram ja auch zu Facebook gehören. Die Feststellung der Marktmacht ist wichtig, weil für marktbeherrschende Unternehmen strengere Regeln gelten. Die Kunden müssen hier besser geschützt werden, weil sie nicht einfach zu einem Konkurrenten wechseln können.

Missbraucht Facebook
seine Marktmacht?

Das Kartellamt sieht eine unzulässige Benachteiligung der Facebook-Nutzer darin, dass diese einer umfassenden Datenerfassung und -auswertung zustimmen müssen, die nicht in ihrem Interesse liege. Das Kartellamt beruft sich dabei ausdrücklich auf die 2018 in Kraft getretene Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Das Interesse der Nutzer an ihrer informationellen Selbstbestimmung überwiege das Interesse Facebooks an der Zusammenführung möglichst vieler Daten über die Nutzer. Die Kunden hätten zwar keinen finanziellen Schaden, aber "Kontrollverlust". Richard Kelber, der neue Bundesdatenschutzbeauftragte, unterstützt die Argumentation des Bundeskartellamts ausdrücklich. Die Argumentation der Kartellwächter wird in Europa mit großem Interesse verfolgt. Denn bisher wird nur in Deutschland der Verstoß gegen Datenschutzrechte der Kunden als Missbrauch von Marktmacht und damit als kartellrechtliches Problem behandelt.

Darf Facebook nun gar keine Daten
mehr über die Kunden sammeln?

Facebook darf über die Facebook-Nutzung der Kunden weiterhin Daten sammeln und auswerten. Dies sei kartellrechtlich nicht unangemessen und werde von den Kunden auch erwartet. Schließlich sei Facebook ein kostenloser Dienst, der mit zielgenauer Werbung sein Geld verdiene. Auch Whatsapp und Instagram dürfen die dort anfallenden Daten ihrer Kunden weiterhin sammeln und für eigene Zwecke auswerten. In "erheblich beschränktem" Umfang wollen die Kartellwächter Facebook sogar weiterhin die Nutzung von Daten aus anderen Quellen erlauben. Facebook soll hierzu in den nächsten vier Monaten einen Vorschlag vorlegen. Das Kartellamt macht keine konkreten Vorgaben hierfür und nennt nur Beispiele. So könnten die Daten aus anderen Quellen nur noch anonym oder nur für einen kurzen Zeitraum genutzt werden.
Droht Facebook ein Bußgeld?
Zunächst nicht. Der Kartellamtsbescheid zielt nur darauf, dass Facebook künftig seine Pflichten einhält. Das Amt schließt die spätere Verhängung eines Bußgelds aber nicht aus. Vor allem "im Wiederholungsfall" komme ein Bußgeld in Betracht, also wenn Facebook die Vorgaben des Amts missachtet. Das Bußgeld könnte bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes von Facebook betragen. Möglich wäre damit ein Bußgeld von bis zu 4,85 Milliarden Euro.

Wie reagiert Facebook?
Facebook betont, dass es die Vorgaben der DSGVO beachte. Die umfassende Datenzusammenführung sei im Interesse der Kunden, weil Facebook so sein Angebot individueller auf die Nutzer ausrichten könne. Facebook bestreitet zudem, dass es eine marktbeherrschende Stellung habe. Außerdem seien die Kartellwächter für Datenschutzfragen nicht zuständig. Facebook hat angekündigt, gegen den Beschluss des Kartellamts Beschwerde einzulegen. Darüber müsste das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheiden.

Ressort: Wirtschaft

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 08. Februar 2019: PDF-Version herunterladen

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel