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Ist es wirklich Liebe?

  • Marco Krefting (dpa)

  • Do, 14. Februar 2019
    Panorama

     

Wissenschaftler stellen Redewendungen über das Gefühl auf den Prüfstand.

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MÜNCHEN/REGENSBURG. Zum Valentinstag säuseln sich so manche Frischverknallten den einen oder anderen Liebesschwur ins Ohr: Blind vor Liebe sei man, könne sich gut riechen. Doch was ist da aus wissenschaftlicher Sicht dran?

Liebe geht durch den Magen
Frisch Verliebte können angeblich von Luft und Liebe leben. Verantwortlich dafür ist wohl das Hormon Phenylethylamin, das bei Verliebten reichlich gebildet wird und zu einem gezügelten Appetit führt. Außerdem werde der Körper von den Geschlechtshormonen Testosteron und Östrogen reguliert. "Diese werden hauptsächlich unter Stresseinfluss ausgeschüttet und führen zu einem unruhigen Magendarmtrakt", sagt Yurdagül Zopf vom Uniklinikum Erlangen. Und die Ausschüttung des Stresshormons Adrenalin beim Anblick des Gegenübers führt im Zusammenspiel mit den Glückshormonen zum Kribbeln im Bauch.

Studien zeigen, dass Menschen in längeren glücklichen Beziehungen mehr wiegen als in kriselnden – und mehr als Singles. Das könne am sinkenden Konkurrenzdruck liegen, sagen Martina Müller-Schilling, Sophie Schlosser und Stephan Schmid vom Uniklinikum Regensburg (UKR).

Sich gut riechen können
Laut Umweltmedizinerin Claudia Traidl-Hoffmann von der Technischen Universität München lassen Moleküle auf der Oberfläche von Zellen, die bei der Erkennung des Immunsystems über Freund oder Feind entscheiden, Duftkomponenten entstehen. "Das trägt zum Körpergeruch bei." Über die Luft gelangen die Moleküle an die Riechrezeptoren in der Nase. "Das Gehirn entscheidet dann: Passt oder passt nicht." Dabei gilt: je fremder, desto besser. Denn Immun-Gene spielen bei der Abwehr von Krankheitserregern eine Rolle. Je unterschiedlicher der Genpool von Mutter und Vater, desto besser ist der Nachwuchs gegen Erreger gewappnet. Aber: Zuviel Diversität könne zu autoaggressiven T-Zellen, einer Gruppe weißer Blutzellen, führen, die womöglich körpereigenes Gewebe angreifen und Autoimmunerkrankungen auslösen. Es gebe offensichtlich "ein Optimum für den genetischen Unterschied der Immunausstattung von zwei Sexualpartnern", sagt Bernhard Weber, Direktor des Instituts für Humangenetik der Universität Regensburg.

Gleich und gleich gesellt sich gern
Gerade bei auf Dauer angelegten Beziehungen ähneln sich Partner nachweislich sehr häufig, sagt der Psychologe Roland Deutsch von der Würzburger Universität. Das sei für das Zusammenleben wichtig: "Eine total introvertierte Person wird es schwierig haben mit einem sehr Extrovertierten, eine Nachteule mit einem Frühaufsteher." Homogamie heißt der Fachbegriff für Gleichartigkeit von Partnern etwa beim sozioökonomischen Status oder der Attraktivität.

Gleiches gilt übrigens für das Aussehen. Man könnte zwar meinen, jeder hätte gern einen besonders attraktiven Partner. "Aber es gibt einen Marktaspekt", sagt Deutsch. Die Attraktivsten finden sich, dann die Zweitattraktivsten und so weiter. "Wenn es eine starke Unähnlichkeit gibt, fördert das die Eifersucht bei den Partnern, die schlechter abschneiden."

Gegensätze ziehen sich an
Dieses Sprichwort treffe deutlich seltener zu, sagt Deutsch. Es gebe manchmal den "Romeo-und-Julia-Effekt": Dass eine Beziehung kurzfristig gestärkt wird, wenn das Paar das Gefühl hat, dass das Umfeld sie nicht gutheißt. Natürlich muss das Paar nicht immer einer Meinung sein. Treffen unterschiedliche Meinungen und Erfahrungen aufeinander, habe das auch Vorteile – wie ausgewogenere Sichtweisen und klügere Handlungen, sagt Johannes Kornhuber, Psychiater am Uniklinikum Erlangen. "Dies ist ein wichtiges Argument für das Streben nach Diversität in Firmen. Und dies gilt auch in einer Zweierbeziehung." Wie bei Yin und Yang würden unterschiedliche Sichtweisen ein harmonisches und besseres Ganzes ergeben. Manche gegensätzlichen Persönlichkeitseigenschaften passten zudem wie ein Schlüssel ins Schloss: etwa sich gerne führen lassen und gerne führen.

Liebe macht blind
Ein Botenstoff, der im Gehirn das Gefühl von Verliebtheit entstehen lässt, ist Dopamin. Thomas Loew, Leiter der UKR-Abteilung für Psychosomatische Medizin, vergleicht die Wirkung mit einer wahnhaften Störung. Verliebte seien blind für etwaige Fehler des Geliebten – egal, was die Umgebung sagt. Endorphine, die Glücksgefühle vermitteln und schnell Zufriedenheit herstellen können, führen laut Loew dazu, dass Liebende sich zumindest anfangs komplett ausreichen. Komme dann noch die körperliche Berührung ins Spiel, werde zusätzlich das Kuschelhormon Oxytocin aktiviert, das auf Dauer eine Bindung entstehen lässt.
Alles miteinander teilen
Das kann manchmal ganz schön weit gehen: Derzeit forschen Umweltmedizinerin Traidl-Hoffmann und ihr Team zu der Frage, ob sich Partner mit der Zeit auch das Mikrobiom – also die Summe aller Mikroorganismen – auf der Haut teilen. "Das kann dann Krankheitsbilder beeinflussen", erklärt sie. So könnte etwa bei Neurodermitis-Patienten durch die Mikroben des Partners ein entsprechender Hautausschlag gefördert werden.

Jemanden süß finden
"Schon als Kinder wissen wir, dass süß gut ist", sagt Paul Pfluger, der die Abteilung Neurobiologie des Diabetes am Helmholtz-Zentrum München leitet. "Kleinkinder stehen in der Regel auf Schokolade. Es gibt nur wenige, die das nicht mögen. " Zudem habe Schokolade für viele Menschen einen Belohnungseffekt. Daher werde der Begriff wohl auch in anderen Themenbereichen positiv besetzt, sagt er.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 14. Februar 2019: PDF-Version herunterladen

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