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Höhentraining an der Gaskugel - Berufsfeuerwehr übt den Ernstfall

  • Do, 10. April 2014
    Freiburg

     

„Flaschenzug ab!“ Langsam setzt sich die orangene Rettungstrage in Bewegung. An mehreren Seilen geht’s von der Mittelplattform der Freiburger Gaskugel abwärts. Die graue Badenova-Kugel am Autobahnzubringer Mitte hat sich Stefan Moritz ausgesucht.

17 Meter geht’s hinauf, und zwar auf einer auf wackeligen Leiter.  | Foto: Rita Eggstein
17 Meter geht’s hinauf, und zwar auf einer auf wackeligen Leiter. Foto: Rita Eggstein

Er leitet die Absturzsicherungsgruppe der Freiburger Berufsfeuerwehr. Seine Männer müssen immer wieder an ungewöhnlichen Orten trainieren – und zwar in schwindelerregender Höhe.

"Eigentlich ruht man sich hier nur aus", sagt Joachim Dold. Der Mitarbeiter des regionalen Energieversorgers Badenova steht am Mittwochnachmittag am Rand der silbernen Plattform, in 17 Metern Höhe. Immer wieder steigt er auf der schwankenden Leiter hinauf. Normalerweise klettert er weiter zum höchsten Punkt auf 35 Meter – am Ende wegen der Krümmung der Kugel auf allen Vieren. Schwindelig wird ihm nie. "Die Aussicht ist herrlich", schwärmt er.

Heute teilt er sich die Plattform mit vier behelmten und begurteten Feuerwehrmännern der Absturzsicherungsgruppe. In den letzten Minuten haben sie dort oben Seile gelegt, Knoten gemacht und Karabiner geklickt. Ihre Aufgabe: Sie sollen einen Verletzten bergen – und zwar mit Flaschenzug und Schleifkorbtrage.

In der Trage liegt ein quicklebendiges Opfer, Jürgen Kehrer. Der Feuerwehrmann hat sich freiwillig für den Opferjob gemeldet: "Ich will mir die Sache mal von oben anschauen." Jetzt muss er eben aushalten, wie ihn die eigenen Kollegen am Seil runterlassen.

Sie wollen

nur üben

Zuerst ruckelt es ein bisschen, doch dann schwebt die Trage mit Jürgen Kehrer langsam Meter für Meter hinab. Stefan Moritz beobachtet das alles vom Boden aus. Wichtig sei so ein Training. "Im Ernstfall könnte hier auch mal ein Einsatz sein", sagt er. Und erklärt, dass seine Männer normalerweise die Drehleiter ausfahren, um einen Verletzten in 17 Metern Höhe zu bergen. Die Leiter reiche zum siebten Geschoss eines Hauses, bis in 22, 23 Meter Höhe. Heute bleibt das Gerät aber auf dem Dach des Feuerwehreinsatzwagens. "Wir wollen ja üben."

Immer wieder ermöglicht Badenova der Freiburger Berufsfeuerwehr, an ihrem Gasspeicher zu trainieren (siehe Infobox). "Für uns ist das auch gut", sagt Thomas Deubler, Techniker und Gaskugelexperte von Badenova. Und sagt, dass regelmäßig Mitarbeiter auf die Kugel hinauf kletterten, zudem komme alle zwei Jahre der TÜV, das nächste Mal im Mai.

Am Mittwoch sind beim Training an der Kugel 16 der rund 100 Berufsfeuerwehrmänner dabei. "Wir sind abkommandiert", sagt Stefan Moritz. Nur bei einem Großeinsatz müssten seine Männer mit den beiden Einsatzfahrzeugen von der Gaskugel abrücken. Das Training sei wichtig, denn es geben Situationen, in denen die Feuerwehr nicht mit Fahrzeug und Drehleiter an Objekte fahren kann. Zum Beispiel auf ein Baustellengelände, oder weil das Fahrzeug mit 16 Tonnen zu schwer ist. Hilfe in der Höhe gibt’s für die Wehr auch: "Wenn’s komplizierter wird, kommt die Bergwacht hinzu."

Josef Wilms sieht sich das Spektakel an, er ist einer der Kiebize. Von der Übung hat er in der BZ erfahren. Und da der 86-Jährige in Betzenhausen wohnt, spazierte er bei dem herrlichen Wetter zur Gaskugel. "Mit dem Hubschrauber geht’s aber schneller", sagt er mit Blick auf die orangene Rettungstrage.

In der ist Jürgen Kehrer mittlerweile wieder auf dem Boden angekommen. "Ein bisschen mulmig war mir schon", sagt er. Nicht, weil er sich auf seine Kollegen verlassen musste – sondern weil Kehrers Blick nach oben in den Himmel ging. "Und das kommt in meinem Job eigentlich nie vor."

Ein Video von der Übung gibt’s auf http://mehr.bz/abseilen

Die Gaskugel

Sie ist ein Freiburger Wahrzeichen: die graue Erdgaskugel des regionalen Energieversorgers Badenova AG. Seit mehr als 40 Jahren steht sie mit einem Durchmesser von 33 Metern unübersehbar im Stadtteil Betzenhausen, neben Dreisam und Autobahnzubringer Mitte. Rechnet man die Höhe ihrer Stützen hinzu, kommt die Gaskugel gar auf eine Höhe von etwa 35 Meter. Damit ist sie eine der größten in Südbaden. Ihre Bahnen sind aus Metall und werden mit dicken Schweißnähten zusammen gehalten. Die Kugel hat ein Raumvolumen von 20 000 Kubikmetern. In der Kugel ist ordentlich Druck, nämlich sechs Bar, so können bis zu 120 000 Kubikmeter Gas gespeichert werden. Die Badenova AG versorgt mit dem Gas die Freiburger Kernstadt und das Umland – hinauf bis nach Unadingen im Schwarzwald.

Ressort: Freiburg

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 10. April 2014: PDF-Version herunterladen

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