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Ein Super-Sommertag an der Dreisam

Alexander Schumacher
  • & Gabriel Ohanowitsch

  • Do, 13. August 2015
    fudder

     

Zwei fudder-Autoren spazieren von Betzenhausen nach Littenweiler – und beobachten, wie Freiburg den Sommer genießt.

Mit den Füßen in der Dreisam lässt sich der Supersommer bestens gut aushalten. Foto: David Lohmüller (1), Alexander Schumacher (2-4)
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Wem man alles begegnet und welche kuriosen Dinge man erlebt, wenn man einen Tag an der Dreisam verbringt, fanden die fudder-Autoren Gabriel Ohanowitsch und Alexander Schumacher heraus. Sie wanderten den Fluss von Betzenhausen aus flussaufwärts – um zu erfahren, wie sich das Leben am Stadtflüssle im Sommer anfühlt.

9.30 Uhr: Sportler und Pendler
Es ist gerade noch T-Shirt-Wetter, an der Dreisam bei Betzenhausen ist nicht viel los. Am anderen Ufer nutzen ein paar Jogger die Pause von der Hitze der letzten Tage. Frühschwimmer gibt es hier keine, das Wasser ist nicht sehr tief und fließt schneller als an den Stufen flussaufwärts. Das Wasser ist bräunlich, wahrscheinlich wegen der Baustelle an der Kronenbrücke. Auf dem Fahrradweg rauschen Pendler und Rennradfahrer vorbei. Keiner von ihnen sieht aus, als hätten sie Lust anzuhalten, nur ein Reiher posiert für uns im noch leicht feuchten Gras.

10.20 Uhr: Hagen
Weiter flussaufwärts, nicht weit vor der Ochsenbrücke, hockt Hagen am Flussufer und hält sich an seiner Zigarette fest. Neben ihm sitzen zwei Enten im Gras, doch Hagen beachtet sie nicht, sondern schaut aufs Wasser. "Ich bin hier, um die Ruhe zu genießen und ein bisschen zu entspannen", sagt er. Die Dreisam beruhigt ihn. "In einer halben Stunde habe ich nämlich einen Zahnarzttermin, da bin ich immer ziemlich aufgeregt." Normalerweise sei hier um die Uhrzeit schon richtig viel los, erzählt er und deutet auf den trüben Himmel.

10.45 Uhr: Eva
Kurz vor der Kronenbrücken treffen wir Rentnerin Eva. Sie nutzt den kühlen Morgen, um sich etwas zu bewegen: "Ich hatte in den letzten Tagen sozusagen Hausarrest wegen der Hitze." Heute ist sie gut gelaunt. Die Dreisam ist für Eva nur eine Zwischenstation, eigentlich ist sie unterwegs zum Schlossberg, um dort spazieren zu gehen.
12.30 Uhr: Die Nicht-Hippies
Florian, Philipp, Janis und Paula faulenzen an der Dreisam in der Nähe vom Café Extrablatt und genießen die Sonne. Die vier studieren Umweltnaturwissenschaften. "Aber wehe du nennst uns Hippies!", sagt Paula. Sie haben gerade eine Klausur überstanden und ruhen sich jetzt erst mal aus. Lange bleibt ihnen dafür aber nicht, denn es war erst die zweite Klausur von insgesamt sechs.

14 Uhr: Bier und Lyrik

Wir kaufen Bier in einem Supermarkt an der Johanneskirche. Dort vor der Tür sitzt Dieter, der Texte von "seinen" schönen Frauen in einem Büchlein sammelt. Zurück an der Dreisam wird das Bier gleich kühl gestellt und wir nehmen neben Bäumen direkt am Wasser Platz.

14.15 Uhr: Wonach riecht es hier?
Die Wolken haben sich verzogen, die Sonne brennt. Vor dem Café Extrablatt wird Mittagspausenentspannung zum vorzeitigen Feierabend ausgedehnt. Hier sitzen Entspannungslustige, die lesend oder biertrinkend die Beine ins Wasser baumeln lassen. Dabei lassen sie sich auch nicht vom hartnäckigen Geruch stören, der an eine seit Tagen offene Dose Thunfisch erinnert. Der Geruch kann die Stimmung nicht drücken, denn die Dreisam kühlt beständig unser Bier und die Sonne färbt den Menschen gesunde Bräune ins Gesicht.

14.30 Uhr : Angriff der Enten
Anfangs ein süßer Anblick. Die Entenfamilie mit den beiden flauschigen Entenkindern schwimmt gemächlich die Dreisam auf und ab. Doch schon bald – vielleicht durch den Fischgeruch irritiert – nehmen die Enten unser vor sich hin kühlendes Bier in Angriff. Ernsthafter Schaden wurde nicht verursacht, witzig waren die bierinteressierten Kinderenten allemal. Das Bier bleibt unbeschadet.

15.15 Uhr: Der Fischbändiger
Plötzlich kommt Darko und zeigt uns seinen Fisch. Er erzählt, es habe Stunden gedauert, bis er ihn erwischt habe. Anfangs wirkt der glibbrige Wasserbewohner in seiner Hand tot, doch er atmet. Eine kurze Schrecksekunde, als es aussieht, als würde Darko den Fisch auf den nächstbesten Stein schmettern, doch er legt ihn behutsam, beinahe zärtlich ins Wasser. Er habe ihn gezähmt, behauptet er. Skeptisch und verwirrt hören wir zu, als er erklärt, dass er den Fisch über dessen Schleimhäute gefügig gemacht habe. Wir glauben kein Wort, und sind umso erstaunter, als er den Fisch mit ein paar Patschern auf die Wasseroberfläche anlockt, nachdem er einige Meter fortgeschwommen war. Einfach so legt er sich auf Darkos Hand und bleibt dort ruhig liegen, lässt sich sogar aus dem Wasser heben und von Darko knutschen. Immer wieder macht er uns das Kunststück vor, und unsere Zweifel schwinden. "Am liebsten würde ich ihn mitnehmen", sagt Darko. "Für uns ist das hier nur die Dreisam, für die Fische ist das das Paradies. Ihn mitnehmen wäre nicht fair", sagt er – und geht erst mal pinkeln.

16.25 Uhr: Der Eisverkäufer
Wir ziehen zum Uferstück hinter der Ganterbrauerei weiter. Mittlerweile ist es ziemlich heiß geworden und unter den Rucksäcken kleben unsere verschwitzen T-Shirts. Hinter der Oberaubrücke halten einige Frauengrüppchen die Füße ins Wasser, Kinder plantschen in den kleinen Staustufen. Zwei Jungs sitzen bis zur Hüfte im Wasser und trinken Bier. Etwas weiter oben hat jemand einen Trichter aus Steinen gelegt, um den Strom zu verengen. Das Wasser fließt hier beachtlich schnell, ein kleiner Junge lässt sich auf einer gelben Luftmatratze treiben und quietscht vor Freude. Da kommt Nicolas auf uns zu. Er trägt eine tragbare Kühltruhe an einem Schultergurt, hält zwei leere Pappeisbecher in der Hand und hat drei weitere Becher auf den Deckel der Truhe geklebt. So schleppt er sich von Gruppe zu Gruppe und preist sein Produkt an – in seiner Box ist Booja-Booja-Eis. Als wir weiterziehen, sehen wir, dass er damit Erfolg hat: Immer wieder sehen wir Menschen Nicolas' Eis löffeln. Kein Wunder, denn das Eis ist vegan. Wir sind ja schließlich in Freiburg!

17 Uhr: Auf dem Bänkle
Eigentlich wollten wir direkt zur Dreieckswiese bei den Unisportanlagen laufen, aber dafür ist es uns jetzt doch zu heiß. Also setzten wir uns auf der Höhe des Awo-Wohnheims auf ein Bänkle am schattigen Uferweg. Hier ist es deutlich ruhiger als weiter unten, es ist fast niemand im Wasser, weil das Ufer steil abfällt. Die Radfahrer fahren hinter uns auf der Fahrradstraße, auf dem Kiesweg sind die meisten Leute Spaziergänger. Doch dann fährt ein Rentnerpaar auf E-Bikes an uns vorbei; der Mann murmelt uns im Vorbeifahren eine Beleidigung zu. Warum, können wir nur ahnen – dass wir am späten Nachmittag ein Radler trinken und auf der Lehne der Bank sitzen statt auf der Sitzfläche, erscheint uns nicht als ausreichender Grund für Beschimpfungen. Neben uns hält eine alte Dame mit Rollator an, um auf die Dreisam zu blicken.

17.30 Uhr: Die Dreieckswiese
Jetzt haben wir es doch noch bis zur Dreieckswiese am Sandfangweg geschafft – wie anstrengend so ein Tag an der Dreisam doch sein kann! Selbst ohne Kühltruhe über der Schulter. Die Wiese selber ist noch recht leer, ein paar Studierende sonnen sich, ein einzelner Verrückter macht von den Sportgeräten Gebrauch. Dafür ist zwischen den großen Felsquadern im Wasser umso mehr los. Inmitten der Badenden fällt ein gedeckter Tisch in der Dreisam auf. Ein weißes Tischtuch, eine Vase mit Rosen, Trauben, Oliven: Auf den ersten Blick sieht das nach einem Rendezvous in der Dreisam aus. Die junge Lehrerin, die uns ihren Namen nicht nennen will, erzählt, dass sie auf einen Junggesellinnenabschied wartet. "Bei der Hitze muss man ja irgendwie die Füße ins Wasser halten", sagt sie. Langsam ziehen die Badenden auf die Wiese um, Grills werden angezündet, jemand steigt auf eine Slackline. Wunderbare Sommerstimmung. Wir bleiben noch ein bisschen.

Ressort: fudder

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 13. August 2015: PDF-Version herunterladen

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