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Ein Kater allein unterwegs

  • Di, 08. November 2005
    Zisch

     

Thriller, Fantasy und Entwicklungsroman: "Titus Tatz".

Spätestens seit dem Gestiefelten Kater tummeln sich Horden schnurrhaariger Helden in der Kinderliteratur, sind Katzen doch in ihrer Autonomie und Undurchdringlichkeit seit je ein Faszinosum. Doch welch unvergesslichen Helden hat der 1967 in Beirut geborene und in London lebenden SF Said in seinem ersten Kinderbuch "Titus Tatz" zum Leben erweckt! In einer mitreißenden Mischung aus Thriller, Fantasy und Entwicklungsroman schickt er einen mesopotamischen Kurzhaarkater zur Rettung seiner Familie in eine gefährliche Welt und lässt ihn dort nicht nur die sieben Künste der Weisheit erlernen, sondern auch Freundschaft und Solidarität erfahren.

Am Anfang steht das Paradies: Seit Generationen lebt Titus’ Sippe in der Villa der Komtess auf dem Hügel, seit Jahren sind dort die Fenster und Türen geschlossen, selbst der Garten wurde zum unwürdigen Ort erklärt. Einzig der Großvater kann sich noch schemenhaft an das Draußen und die Lehren des ägyptischen Urahns Jalal erinnern. Man ist mehr als zufrieden mit dem behüteten Leben. Der rebellische Außenseiter Titus allerdings fühlt sich im Gefängnis!

Dann überschlagen sich die Ereignisse: Die alte Komtess stirbt, und ein geheimnisvoller Fremder zieht mit zwei Furcht erregenden schwarzen Katzen in das stille Haus. Bevor diese den Großvater töten und sich Titus in letzter Sekunde mit einem Sprung über die Grundstücksmauer retten kann, fleht der Alte seinen Enkel an, Hilfe zu holen. Bald schleicht der kleine Kater hungrig und nass durch das Labyrinth von Straßen und Plätzen, kommt verfeindeten Katzenbanden in die Quere und kämpft mehr als einmal um sein Leben. Doch über ihm wacht ein guter Geist: Immer wenn Gefahr und Hoffnungslosigkeit am größten sind, trifft Titus im Traum seinen Urahn Jalal im fernen Mesopotamien und wird in den sieben Künsten unterwiesen: Offenheit, Bewusstsein, Jagen, Energiefluss, Schattengehen, Langsamkeit und als Krönung das "Traue-dir-Selbst". Mit seinen neuen Freunden Holly und Tam kommt Titus so nicht nur dem Geheimnis der verschwundenen Katzen auf die Spur, sondern reift mit jeder seiner Aufgaben mehr zum Helden, der am Ende allen die Freiheit bringt.

Von dem englischen Künstler Dave McKean mit düsteren Tuschezeichnungen grandios illustriert, entwickelt die Geschichte von der ersten Seite an einen mächtigen und märchenhaften Sog. Poetisch, eindringlich und lebendig erzählt SF Said eine wunderbare Odyssee, die in ihrem philosophischen Tiefgang Kultcharakter hat. Nicht umsonst wurde das Buch nach Erscheinen 2003 mit dem renommierten Smarties Prize ausgezeichnet.
– SF Said: Titus Tatz. Aus dem Englischen von Salah Naoura. Carlsen, Hamburg, 2005. 240 Seiten. 16 Euro. Ab 10.

Ressort: Zisch

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