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"Du brauchst nur einen Computer"

  • Yannick Kretzschmar, Klasse 4b, Tullaschule (Freiburg)

  • Fr, 29. März 2019
    Zisch-Texte

     

ZISCH-INTERVIEW mit Jokobietz, der für Rapper Beats produziert und die Lizenzen dafür in einem Onlineshop verkauft.

Yannick Kretzschmar mit Josip Boras alias Jokobietz   | Foto: Privat
Yannick Kretzschmar mit Josip Boras alias Jokobietz Foto: Privat

Zisch-Reporter Yannick Kretzschmar aus der Klasse 4b der Tullaschule in Freiburg hat seinen Patenonkel, den Beatproduzenten Josip Boras, genannt Jokobietz, interviewt.

Zisch: Wie kamst du darauf, Beats zu machen?
Jokobietz: Ich habe mich schon immer für Musik interessiert. Seit ich klein war, gab es immer ein Instrument im Haus. Am meisten aber habe ich am Keyboard meiner großen Schwester rumgeklimpert und später dann versucht, bekanntere Melodien nach Gehör nachzuspielen. Später, in der achten Klasse, gab mir mein bester Freund eine Software, mit der man Beats am Computer machen kann. Als ich das Programm gestartet hatte, verstand ich ungefähr null Prozent von allem, was ich dort gesehen habe. Ich war so überfordert, dass ich den Computer ausgeschaltet habe. Mein großer Bruder, der schon einmal mit einer Vorgängerversion der Software gearbeitet hatte, konnte mir ein bisschen was erklären. Mit der Zeit habe ich mir alles alleine beigebracht.

Zisch: Wie kommst du auf die Beats? Hast du da immer eine Melodie im Kopf?
Jokobietz: Das ist ganz unterschiedlich. Es gibt Tage, da fällt mir eine Melodie ein und, um sie nicht zu vergessen, summe ich sie ins Handy ein und speichere es ab. Manchmal höre ich aber auch einfach so Musik über Spotify oder Youtube. Wenn mir was besonders gefällt, versuche ich, etwas Ähnliches zu machen. Natürlich nicht 100 Prozent nachmachen! Ich meine, den Style mit eigenen Ideen umsetzen. Aber dann gibt es auch Tage, an denen ich einfach loslege, ohne mich vorher musikalisch inspiriert zu haben. Ich habe gemerkt, dass diese Beats dann auch irgendwie die Besten sind.

Zisch: Hast du dir die Instrumente selbst beigebracht?
Jokobietz: Ja, habe ich. Wenn man Beats baut, muss man ein Gehör dafür haben. Man muss das, was man im Kopf hat, umsetzen können. Man muss nicht zwingend Klavier spielen können. Das erlernt man mit der Zeit und man findet immer schneller den passenden Akkord oder die passenden Töne. Mit 13 habe ich meine erste E-Gitarre bekommen. Mit einem Lernbuch habe ich mir das Gitarrespielen selber beigebracht. Damit verbrachte ich täglich viele Stunden. Heute benutze ich die Gitarre kaum für meine Produktionen. Dennoch macht es mir immer noch Spaß, darauf gemütlich zu spielen.

Zisch: Welches Instrument benutzt du am liebsten?
Jokobietz: Ich benutze VST-PlugIns. Sozusagen virtuelle Instrumente, die man mit der Software spielen kann. Davon gibt es gefühlt zig Millionen. Das ist nichts Anderes, als wenn man sich einen Synthesizer zulegt, auf dem die Sounds schon eingespeichert sind. VSTs kann man sich immer dazukaufen. Ich habe kein Lieblingsinstrument. Es muss zum Beat passen. Es gibt bei HipHop-Beats elektronische Elemente wie auch akustische Instrumente.

Zisch: Welche Geräte benutzt oder brauchst du, um einen neuen Beat zu machen?
Jokobietz: Im Endeffekt brauchst du nur einen Computer oder einen Laptop, um Beats zu machen! Wenn es um die Soundqualität geht, sollte man auf jeden Fall eine gute Soundkarte haben! Ich habe noch zusätzlich ein Midi-Keyboard, um die Melodien und die Drums einzuspielen. Man könnte theoretisch alles mit der Maus in der Software einzeichnen, aber das kostet viel Zeit. Mit einem Midi-Keyboard geht das alles sehr viel einfacher.

Zisch: Für wen hast du schon Beats gemacht in Freiburg und Umgebung?
Jokobietz: Eigentlich nur für MC Prisma bis jetzt. In Freiburg gibt es aber sehr viele talentierte Rapper und es werden immer mehr. Jeder kann online auf meiner Homepage jokobietzmusic.com Beats von mir kaufen. Wenn ich aber Anfragen bekomme und mir der Rapper sehr gut gefällt, könnte ich mir auch vorstellen, für denjenigen exklusiv zu produzieren. Aber ich konzentriere mich zurzeit mehr darauf, meine Beats für alle zugänglich zu machen, indem ich sie online verkaufe. Das kann sich aber auch schnell ändern.

Zisch: Hast du schon für bekannte Musiker Beats gemacht? Wenn ja für wen zum Beispiel?
Jokobietz: Ja, am meisten habe ich für den Berliner Rapper Bass Sultan Hengzt produziert. Ich habe an seinem Album "Zahltag" mitgewirkt, auf das ich sehr stolz bin, da es auf Platz Fünf der deutschen Albumcharts gelandet ist. Außerdem habe ich einen Beat für Eko Fresh gemacht, auf dem unter anderem auch Afrob, Samy Deluxe und die Rapgruppe ONYX aus New York vertreten sind. ONYX habe ich als Kind gehört. Ich habe zwar nichts verstanden, aber ich fand den Sound sehr gut. Hätte mir damals jemand gesagt, dass ONYX eines Tages einmal auf einem meiner Beats rappt, hätte ich denjenigen für verrückt erklärt, soviel zum Thema.

Zisch: Für wen würdest du am liebsten mal einen Beat machen?
Jokobietz: Uff, da gibt es viele! Natürlich für die Rapper-Helden meiner Jugend, wie Eminem oder 50 Cent. Zum jetzigen Zeitpunkt würde ich Joyner Lucas nennen, da er in meinen Augen einer der besten Newcomer ist. Kendrick Lamar, Hopsin, Jarren Benton... ach, die Liste ist lang.
Ich könnte mich jetzt nicht auf einen Bestimmten festlegen. Für den Deutschrap- Bereich bin ich für jeden offen. Sido wäre noch auf meiner Liste. Den schnapp ich mir eines Tages auch noch...

Zisch: Wie lange brauchst du, bis ein Beat fertig ist?
Jokobietz: Das ist unterschiedlich! Es gab Beats, die hatte ich schon in 30 Minuten fertig. Bei anderen ging es wochenlang, bis sie letztendlich fertig waren. Manchmal läuft es wie am Schnürchen. Manchmal gibt es Phasen, wo gar nichts klappt. In so einem Fall nehme ich mir eine Auszeit, um Inspiration zu tanken.

Ressort: Zisch-Texte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 29. März 2019: PDF-Version herunterladen

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