Account/Login

Drei dicke Fische – und das 1000. Tor

David Weigend
  • Mo, 17. April 2023
    SC Freiburg

     

Durch eine Leistungssteigerung hat der SC Freiburg in Bremen ein 0:1 aufgeholt und das Spiel 2:1 gewonnen. Jeweils ein Tor und eine Vorlage verbuchten Roland Sallai und Lucas Höler. Es sind das 1000. und 1001. Tor in der SC-Erstliga-Historie. .

Das 1000. SC-Tor in der ersten Liga: Roland Sallai (rechts) dreht nach dem Treffer jubelnd ab. Auch der spätere Siegtorschütze Lucas Höler (9) freut sich. Foto: IMAGO/David Inderlied
1/2
Sonntagfrüh am Weserufer. Thomas, Ende 50, grauer Vollbart, Brille und Tarnfleckjacke, sitzt in einem Campingstuhl und hat die Angelrute ausgeworfen. Ruhig ist es hier am Fluss. Zwischen der Kellogg’s-Reismühle und der Beck’s-Brauerei hört man nur das leise Schwappen der Wellen. "Hier gibt es Brassen, Zander und Aale", erzählt Thomas. Er ist Lkw-Fahrer von Beruf, "Dieselknecht", wie er sagt. An der Weser kann er am besten entspannen. "Den Aal räuchere ich, der Zander wird gebraten. Was anderes nehm`ich nicht mit." Thomas trägt eine Werder-Mütze, nachher wird er ins Stadion gehen. "Einmal war ich in Freiburg im Dreisamstadion, muss 2009 gewesen sein. Da hat der Stadionsprecher gesagt, wir sollten aufhören, zu singen. 6:0 haben wir da den SC rasiert." Thomas zieht an seiner Zigarette. "Aber diese Zeiten sind vorbei. Heute würde mir auch ein dreckiges 2:1 genügen."

Lange sah es danach aus, als würde der Wunsch von Thomas nach einem Sieg in Erfüllung gehen. Denn das, was die Gäste aus Freiburg am Nachmittag in der ersten Halbzeit boten, war mit einem leeren Anglerkorb vergleichbar – fußballerische Magerkost sozusagen. Die Partie war geprägt von viel Eins-gegen-Eins übers ganze Feld. "Es war nicht gerade ein Glanzspiel, sondern ein Abnutzungskampf", wie SC-Abwehrspieler Matthias Ginter danach einordnete. "Wir haben zwar nichts zugelassen, aber in Ballbesitz waren wir zu unkonzentriert und haben zu viele Fehler gemacht." Dem SC musste man Ideenlosigkeit im Angriffsspiel attestieren. Diese Defizite wurden in der Freiburger Kabine in der Halbzeit angesprochen. "Unser Ziel war es, zu mehr Aktionen im gegnerischen Strafraum zu kommen", so Ginter.

Das Ziel erreichten die Freiburger, allerdings erst mit dem Rücken zur Wand. Denn nach Wiederanpfiff waren es zunächst die Gastgeber, die in Führung gingen. Die deutlich actionreichere zweite Halbzeit startete mit einem Angriff des Sportclubs. Vincenzo Grifo schoss den Werder-Spieler Niklas Stark im Bremer Strafraum am Arm an und forderte Handelfmeter. Schiedsrichter Florian Badstübner ließ korrekterweise weiterlaufen, Leonardo Bittencourt und Maximilian Philipp konterten die SC-Abwehr rasant aus, der Ex-Freiburger Philipp – für den verletzten Niclas Füllkrug in der Startelf – schoss das 1:0 (46.). Philipp war es auch, der wenig später fast das 2:0 erzielte – per Seitfallzieher im Fünfmeterraum. Doch SC-Keeper Mark Flekkens meisterhafter Reflex verhinderte das Tor. "Dass Mark den so gut hält, war sehr wichtig für uns", bilanzierte Sportclub-Coach Christian Streich. Was folgte, war Effizienz made in Freiburg. Weiter Abschlag Flekken, Lucas Höler setzt sich im Kopfballduell durch und verlängert für Roland Sallai, der technisch anspruchsvoll den Ausgleich besorgt (66.). Es war gleichzeitig der 1000. Bundesliga-Treffer für den Sportclub. "Natürlich bin ich stolz darauf, dieses besondere Tor geschossen zu haben", sagte der Ungar in der Mixed Zone. "Aber es ist nur ein Bonus für mich. Das ganze Team hat heute einen tollen Job gemacht. Wir konnten heute den Vorsprung auf die Verfolger ausbauen und so wollen wir weitermachen in den nächsten Spielen. Wir wollen um die Champions League kämpfen".

Dass Sallai einen guten Tag erwischte, bewies er auch, indem er sich bei seinem Sturm-Kollegen Höler revanchierte und ihm die Vorlage für dessen Kopfball-Siegtreffer lieferte (71.). So waren es vor allem Sallai und Höler, die den 250. SC-Sieg in der Bundesliga ermöglichten. Aber nicht nur. Auch Maximilian Eggestein lieferte bei seinem ehemaligen Verein, für den er zehn Jahre lang spielte, eine starke Vorstellung ab. "Wir haben es heute geschafft, zwei Tore aus dem Spiel heraus zu erzielen. Das ist uns diese Saison noch nicht oft gelungen", sagte Eggestein, der seine fünfte gelbe Karte kassierte und im kommenden Heimspiel gegen Schalke (Sonntag/15.30 Uhr) fehlen wird.

Kapitän Christian Günter hob die Comeback-Qualitäten seines Teams hervor: "Wir haben dagegengehalten. Letztlich ging es darum, ein Tor mehr zu schießen. Ein extrem wichtiger Sieg. Heute war unsere Mentalität wichtig." Und das Spielglück, wie Streich in der Pressekonferenz anmerkte: "Natürlich kann dieses Spiel Unentschieden ausgehen, natürlich kann Werder auch das 2:0 machen. Aber in Bremen einen 0:1-Rückstand zu drehen, im 40. Pflichtspiel dieser Saison, da muss ich sagen: Chapeau, Jungs! Das schafft jetzt auch nicht jeder."

Und so verlassen die Freiburger die Weser mit drei dicken Fischen im Gepäck. Dem Angler Thomas wird das weniger schmecken. Aber ein paar kleine Aale hat auch er noch gefangen am Sonntagvormittag: "Die werde ich meiner Tochter schenken."

Ressort: SC Freiburg

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mo, 17. April 2023: PDF-Version herunterladen

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel