Die Berliner Akademie der Künste ehrt den todkranken Schriftsteller Walter Kempowski mit einer großen Ausstellung. Ein Rundgang.
Seine Ausbildung dauert acht Jahre, es sind acht lange Jahre in Haft. Im Zuchthaus von Bautzen – wo er von 1948 bis 1956 sitzt, ohne jeden Prozess, wegen angeblicher Spionage für den Westen – dort wächst heran, was bis heute Walter Kempowski und sein Werk ausmacht: sein brennendes Interesse an Lebensläufen, jenen einzigen unverwechselbaren, schlechterdings nicht kopierbaren Fingerabdrücken, die das menschliche Individuum auf dem Planeten hinterlässt. Gefängniszellen waren die Keimzellen seines dichterischen und archivarischen Schaffens. Und Lebensläufe sind das, was von dem Dichter bleibt, der mit 78 Jahren im Sterben liegt – mitgenommen vom Krebs und zu schwach, nach Berlin zu reisen, was er zu gern getan hätte, um dort heute Abend mit dem Bundespräsidenten "Kempowskis Lebensläufe" zu eröffnen, die große Ausstellung in der Berliner Akademie der Künste.
Zellen sind folgerichtig das Erste, auf das der Besucher stößt, Bretterverschläge. Im Tagebuch hat Kempowski darüber notiert: "Heute vor 25 Jahren ...