Er predigte Verzicht und ließ Menschen verbrennen für seine reine Lehre: Vor 500 Jahren wurde der Reformator Johannes Calvin geboren / Von Ulrich Rose
E in Spaß war es nicht, das sieht man. Es war ein Kreuz, für ihn und die anderen: diese Stadt und ihre Bewohner zum Guten zu bekehren. An der gewaltigen Mur de la Reformation in Genf stehen sie, die großen Männer: Jean Calvin und seine engsten Mitstreiter, Guillaume Farel, Theodor Beza und John Knox. Vier Apostel des reformierten Protestantismus. Überlebensgroß, in Stein gemeißelt. Hart die Gesichtszüge, verhärmt, leidend fast. Streng jedenfalls, Gehorsam fordernd, Widerspruch nicht duldend.
Genf und Calvin, Calvin und Genf – das sollte für drei Jahrzehnte eine schwierige Beziehung bleiben. Nicht wenige in der Stadt wünschten diesen Jean Calvin, diesen Franzosen sonst wohin. Und Calvin selbst sträubte sich gegen Genf. "Es gibt keinen Ort unter dem Himmel, vor dem ich mehr zurückschrecke", äußert er einem Vertrauten gegenüber, "warum nicht lieber sofort ans Kreuz?" Doch er kam, 1536, er blieb und machte Genf zum zweiten großen Zentrum der Reformation neben Wittenberg. Zu einem Ort, ...