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Übung

Besucherbergwerk Schauinsland: Bergwacht probt den Ernstfall

Max Schuler
  • Fr, 25. Oktober 2013, 10:05 Uhr
    Kreis Breisgau-Hochschwarzwald

     

Er liegt in einem nasskalten Gang, wartet auf Rettung aus dem Besucherbergwerk Schauinsland: Tobias Lehr aus Todtnau spielt einen Schlaganfallpatienten bei einer Übung der Bergwacht Schwarzwald.

Christian Göttel wird  in einen 50 Met...#8211; unten warten die Verletzten.     | Foto: Max Schuler
Christian Göttel wird in einen 50 Meter tiefen Schacht abgeseilt – unten warten die Verletzten. Foto: Max Schuler

"Unheimlich", so beschreibt Tobias Lehr aus Todtnau die Minuten, bis die Einsatzkräfte ihn erreicht haben. Bis dahin liegt er in einem nasskalten und nach Erde riechenden Gang . Um ihn herum ist es totenstill. Lehr ist Feuerwehrmann und spielt einen Schlaganfallpatienten bei einer Übung der Bergwacht Schwarzwald im Besucherbergwerk Schauinsland. Seine Bergung ist für die Retter Schwerstarbeit.

Frau im Besucherbergwerk Schauinsland verunglückt, Oberschenkelbruch: Kurz nach 18.30 Uhr geht bei der Bergwacht in Muggenbrunn und Freiburg der Alarm los. Die Wagen rücken aus. Erst später erfahren die Helfer, dass ein zweiter Verletzter in den verzweigten Gängen liegt. Dort, wo im Bergwerk gewöhnlich Besucher auf die Strapazen der Tour vorbereitet werden, tummeln sich wenige Minuten nach dem Hilferuf die Retter. Helmlampen leuchten in die Tiefe. Auf den engen Leitern schrammen die Männer und Frauen mit ihren Rucksäcken an den Felswänden entlang. Die Zeit drängt.

Ein Drittel ist für Profis begehbar

Im Besucherbergwerk ist es bisher nur einmal zu einem echten Unfall gekommen. Eine junge Frau erlitt einen epileptischen Anfall. Bestmöglich versucht man sich bei solchen Fällen zu rüsten, sagt Aufsichtsperson Markus Kiefer. Im Schauinslandbergwerk, wo Silber, Zink und Blei abgebaut worden sind, gibt es 100 Kilometer an Tunneln und Gängen. Ein Drittel ist für Profis begehbar. Für Besucher ist ein Prozent zugänglich. Doch auch dieser Bereich ist steil und einen Herzstillstand unter Tage möchte dort keiner erleben.

"Retten, am Leben erhalten, abtransportieren: Das ist unser Job. Und dabei sichern wir uns immer doppelt", sagt Gerhart Römer von der Bergwacht Freiburg. Er blickt in ein 50 Meter tiefes Loch, zu dessen Rand sich die Füße vorsichtig tasten müssen. Durch diesen Felsschlauch müssen die Verletzten geborgen werden. Über das Leitersystem hätten die Retter keine Chance. Christian Göttel macht sich zum Abseilen bereit. Doch von unten kommt kein Signal. Funk funktioniert nicht, ebenso wenig das Handy. Einzig über die Grubentelefone können sich die Helfer verständigen.

"Wir mussten improvisieren. Im Berg gelten andere Gesetze, als beim Unfall an der Straße." Adrian Probst, Bergwacht
Einige Etagen tiefer werden die Gurte an der Trageschale der Patienten fest gezurrt. Ein Erwachsener, der gerade einen Schlaganfall erlitten hat, muss in einem stabilen Zustand sein – sonst kann er auf dem Weg nach draußen sterben. Jede Bewegung wird durch Seile gesichert. Vorne, hinten und an der Seite raubt der Fels den Platz. Handgriffe, die auf der Skipiste selbstverständlich sind, müssen jetzt neu gedacht werden.

An der Sohle des Schachtes flackert ein Licht auf. Langsam wird Göttel an einer Seilwinde empor gezogen. Es dauert einige Meter bis sein Lächeln erkennbar wird. Stolz umklammert er die Rettungsschale mit der Patientin, die im Rettungsszenario einen Oberschenkelbruch erlitten hatte. Als er aus dem Loch steigt, wirkt Göttel wie ein Schatzsucher, der gerade einen Sarkophag aus einem Pharaonengrab gehoben hat. Mit dem Unterschied, dass der Mensch unter der Rettungsfolie sich munter bewegt.

Statt der geplanten zwei dauert die Rettung drei Stunden. Zeit, die dem Schlaganfallpatienten beim Flug in die Klinik gefehlt hätte. "Wir mussten improvisieren. Im Berg gelten andere Gesetze als beim Unfall an der Straße", sagt Adrian Probst von der Bergwacht. Lehren sind gezogen: Statt 20 sollen künftig 30 Einsatzkräfte ausrücken. Da die Verständigung das Hauptproblem war, wird eine Gruppe künftig nur die Grubentelefone besetzen, eine weitere den Materialnachschub sicher stellen. So sollen die entscheidenden Minuten gewonnen werden, die im Ernstfall Leben retten.
Bergwacht Schwarzwald

Die Bergwacht kommt zum Einsatz, wenn andere Rettungskräfte an ihre Grenzen stoßen: Im Gebirge, auf schmalen Wanderwegen, an Seilbahnen oder im Bergwerk. Die Bergwacht Schwarzwald hat 1425 Mitglieder, die allesamt ehrenamtlich arbeiten. Im vergangenen Jahr waren die 25 Ortsgruppen zirka 1400 Mal im Einsatz. Im Winter wird die Bergwacht vor allem bei Ski- und Snowboardunfällen alarmiert. Es verunglücken auch zunehmend Mountainbiker. Ein Trend sei auch, dass immer mehr ältere Menschen gerettet werden müssen. Deshalb hat die Bergwacht ihre Ausbildung geändert und legt jetzt einen Schwerpunkt auf die medizinische Vor-Ort-Versorgung.

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Ressort: Kreis Breisgau-Hochschwarzwald

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