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Neues Album

Rap und Cappuccino: Muso aus Waldshut-Tiengen

Laura Wolfert

Von

Di, 06. September 2016 um 09:48 Uhr

Rock & Pop

Genregrenzen kennt Muso nicht: Der Rap-Künstler aus Waldshut-Tiengen hat sein zweites Album veröffentlicht – und pendelt zwischen melancholischen Melodien und kitschigem Pop.

Ein Herz und eine Seele: Muso und Mathilda  | Foto: promo
Ein Herz und eine Seele: Muso und Mathilda Foto: promo
"Halt dir deine Hand direkt vor dein Gesicht: So fühlt sich meine Musik an – ganz nah", sagt Muso am Telefon. Und er erzählt, dass er mit seiner französischen Bulldogge, die auf den Namen Mathilda hört, gerade unter einem Apfelbaum auf einem Acker in der Nähe von Heidelberg sitzt.

Drei Jahre nach seinem Debüt-Album "Stracciatella Now" ist Musos zweite Platte "Amarena" erschienen – ohne Label, ohne große Vorankündigung. "Ich wurde in ’ner Kleinstadt groß. Dort wo meist alles beginnt. Und ich fühl’ mich in der Großstadt klein", singt Muso im Song "Denn sie wissen, was wir tun".

Musik zwischen melancholischen Melodien und kitschigen Pop-Balladen

Mit den elf Songs auf "Amarena" besetzt er eine immer kleiner werdende Nische im deutschen Sprechgesang. Seine rauchige, tiefe Stimme erinnert sehr an die von seinem Rap-Kollegen Casper. Musikalisch bewegt er sich zwischen melancholischen Melodien und kitschigen Pop-Balladen. Genregrenzen kennt Muso keine. Man hört jede Träne, hört, wenn es in der Vergangenheit gekracht hat – ohne dabei die Musik laut aufdrehen zu müssen.

Wer ist dieser Muso, der seine Alben nach italienischen Eissorten benennt? Arrogant, eitel und versnobt, könnte man denken, wenn man ihn auf dem Pressefoto mit Mathilda sieht: Seine Augen flirten mit der Kamera, er verzieht seine vollen Lippen zu einem Schmollmund und ähnelt damit seinem Hund. Daniel Giovanni Musumecim wird 1986 geboren und wächst in Waldshut-Tiengen auf.

"Hip-Hop hat mich erzogen" Muso
Seine Eltern lassen sich früh scheiden. Er wiegt mit fünfzehn knapp 100 Kilo, verkauft Drogen, kümmert sich nicht um die Schule und verbringt sein Leben auf der Straße. Seine Vaterfiguren: Rap-Musiker wie Afrob, der Star der deutschen Hip-Hop-Szene von 1999. "Hip-Hop hat mich erzogen", sagt der Halbitaliener. Während andere Kinder ins Schwimmbad gehen, schreibt Muso schon im Alter von zwölf Jahren seine eigenen Texte. Er findet so einen Ausweg aus der südbadischen Provinz. Er, der Rapper, hat eine Perspektive: die Musik.

Muso verkauft 2006 seine Musik unter dem Titel "Arrestato Uno" auf der Straße und zieht von Waldshut nach Heidelberg. 2012 dann die Chance: Er bekommt einen Vertrag beim Stuttgarter Plattenlabel "Chimperator". Das Label feiert zur selben Zeit mit Cro, dem Rapper mit der Panda-Maske, deutschlandweit Erfolge. In Zusammenarbeit mit Konstantin Gropper und Markus Ganter – deutsche Musikproduzenten aus Südbaden – erscheint 2013 Musos erstes Studio-Album "Stracciatella Now".

Keine Musik für den Massenmarkt

Musos Texte sind lyrisch durchdacht. Man muss seiner Musik Aufmerksamkeit schenken, sie am richtigen Ort hören, damit sie besser zur Geltung kommt – wie Wein, der im Urlaub besser schmeckt als daheim. "Wir verlieren genug, doch behalten Recht. Für alle die verkehrt lagen, im falschem Bett", rappt Muso in "Blinder Passagier" im ersten Album. Das ist keine Musik, die man im Radio rauf und runter hört – nichts für den Massenmarkt. "Ich bin eben kein Cro", sagt Muso.

"Stracciatella Now" verkaufte sich nur 2000 Mal. Chimperator löste den Vertrag auf. Muso verkauft keine Platten mehr, sondern Cappuccino: Er kellnert im Café Friedrich in Heidelberg. Aber er hört nicht auf, Musik zu machen. Das neue Album "Amarena" klingt unter der Leitung der Produzenten Gianni Brezzo und LO struktierter, ruhiger – wie Muso selbst. "Ich bin erwachsener geworden", sagt er.

"Wenn ich mich passend zu meiner Musik anziehen müsste, dann wäre das einfach ein weißes Gewand", sagt er. Seine Goldkette, der Schollmund: Fassade. Muso begegnet einem auf Augenhöhe – auch in seinen Texten. Der Rapper mit der Bulldogge ist auf dem Boden geblieben.

Ressort: Rock & Pop

  • Zum Artikel aus der gedruckten BZ vom Di, 06. September 2016:
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