Erste Hilfe für DJ-Einsteiger: Freiburger DJs geben Tipps zu Ausrüstung, Technik und Musik

Do, 26. Februar 2015 um 10:00 Uhr


Eiskaltes Händchen: Jeder sollte das Auflegen auf Plattenspielern lernen. Ohne technische Hilfsmittel, wie sie ein DJ-Controller und Programme wie “Traktor“ mit ihrer Sync-Automatik bieten. Das kann schließlich jeder. Für die ersten Gehversuche reichen deshalb zwei Plattenspieler und ein Zwei-Kanal-Mixer. Unverzichtbar sind außerdem Monitorboxen und Kopfhörer zum Vorhören der einzelnen Stücke. Wer gerne HipHop auflegen will, sollte beim Kauf eines Mixers achten, dass die Faderkurve veränderbar ist.
Eiskaltes Händchen: Auf die Wahl der Systeme. Es gibt Systeme mit sphärisch geschliffenen Nadeln und Systeme mit elliptisch geschliffenen Nadeln. Erstgenannte liegen besonders fest in der Rille der Schallplatte. Sie sind rundherum gleichmäßig geschliffen und beschädigen die Schallplatte nicht beim Anschieben und Zurückdrehen. Anfänger und Disc Jockeys, die Tricks mit ihren Platten machen, wissen das zu schätzen. Zweitere rufen das bestmögliche Klangpotenzial ab. Allerdings verschleißen sie die Schallplatte schneller und leiden selbst unter Beschädigungen der Schallplattenoberfläche.

Sebastian Stang: Beim Mixen zweier Stücke muss man darauf achten, dass sie thematisch zueinander passen. Niemals sollte man zwei Melodieparts ineinander laufen lassen. Das klingt oft schrägt. Man sollte sich auf Bassschläge und Beats konzentrieren. Mittels Kopfhörer kann man die zweite Platte, die man in die laufende Platte mischt, vorhören. Durch Anschieben und Anhalten gleicht man sie von der Geschwindigkeit her an. Das wird so lange gemacht, bis Bässe und Beats nicht mehr auseinander laufen. Das ist reine Übungssache.
Sebastian Stang: Wer unterschiedliche Stile auflegen möchte, sollte sich zunächst am Tempo der Stücke orientieren. Jedes Musikstück hat ein eigenes Tempo. Beim Auflegen spricht man von “beats per minute“ (BPM). HipHop liegt zwischen 70 und 110 BPM, House und Techno liegen zwischen 110 und 140 BPM. Schneller geht’s bei Drum and Bass zur Sache. Das liegt zwischen 140 und 190 BPM.
Es macht allerdings keinen Sinn, auf ein langsames HipHop-Stück eine schnelle Technonummer zu spielen. Vielmehr gilt es, ein Set aufzubauen. Langsam eingrooven, Tempo anziehen, wieder etwas rausnehmen, steigern, am Ende gemütlich ausgrooven. Gerade beim digitalen Auflegen laufen Disc Jockeys oft Gefahr, auf einem Tempo hängen zu bleiben, weil die Sync-Automatik zu statisch ist.
Sebastian Stang: In jedem Mixer und in jeder DJ-Software sind mittlerweile Klangeffekte wie Echo, Hall und Distortion verbaut. Wie man diese richtig einsetzt, ist abhängig von dem Musikstück. Der Effekt soll das Stück ja an einer gewissen Stelle noch verstärken. Meist beim Break, um diesen noch intensiver klingen zu lassen. Das muss jeder für sich selbst ausprobieren und ein Gefühl für die Musik entwickeln. Wer jedoch mit Auflegen anfängt sollte sich zunächst auf den reinen Mix konzentrieren. Das ist die halbe Miete für eine volle Tanzfläche.

Dominik Dobrindt: Je nach Musik verliert der Gang zu gut sortierten Plattenläden immer mehr an Bedeutung. Genre wie Grime, Vaporwave, Futurebeat werden durch die Netzkultur vorangetrieben. Aufgrund des ständigen Informationsaustausches von Produzenten und Konsumenten werden sie fortlaufend neu interpretiert. Die Künstler produzieren ihre Stücke in Wohnzimmerstudios und veröffentlichen sie auf Plattformen wie Soundcloud und Bandcamp. So haben sie eine Möglichkeit, ihre Musik mit einem großen Publikum auszutauschen, ohne dass sie für den Vertrieb einen Cent ausgeben müssen. Für klassischen House und Techno kann ich den Plattfon Record Store in Basel empfehlen. Er ist klein und gut sortiert. Von Onlinestores wie Beatport habe ich noch nie viel gehalten.
Dominik Dobrindt: Das Internet ist Informations- und Bezugsmedium Nummer 1. Ich persönlich orientiere mich unter anderem an Künstlern des britischen Labels Night Slugs und Fade To Mind, seinem US-amerikanischen Pendant. Auf Grund der Masse an Musik, die das Internet zugänglich macht, braucht man viel Zeit, um ständig auf dem neuesten Stand zu bleiben. Ich finde es spannend, nicht perfekt ausproduzierte Stücke von Künstlern mit gerade einmal 300 Followern auf Soundcloud zu finden. Da fällt auch viel durch das Raster. Aber das macht die Sache auch interessant, denn nur so unterscheidet man sich musikalisch von anderen Disc Jockeys.

Untergrund Urte: Viele Symbole im Namen, die kaum auf der Tastatur zu finden sind; Vokale auslassen; Fußnoten an den eigenen Klarnamen wie zum Beispiel Andi Decks: Das alles braucht es nicht. Wenn die Musik gut ist, ist der Künstlername völlig irrelevant.
Untergrund Urte: Ein krummer Rücken vom jahrelangen Plattenkistenschleppen! Ansonsten stehe ich persönlich mehr auf die Auswahl anstatt auf Technik – je mehr die Bassdrum bei den Stücken stolpert, desto besser! Musik also, die man trotz diverser Erkennungssoftwares nicht erkennen kann. Die Auswahl ist aber nicht alles, bei einem fingerfertigen Turntableist oder einem mixenden Maschinengewehr wie Gaslamp Killer wird mir schon auch mal ganz warm ums Herz. Oh, und bei 128kbps Youtube-Rips springt bei mir der Funke nun wirklich nicht über.

Frank Wagner: Für die Wahl der Digital Audio Workstation (DAW) gibt es keinen Geheimtipp. Ableton live, FL Studio, Logic, Cubase oder Reason sind alles gute Plattformen. Letztere ist besonders für Technikbegeisterte interessant. Sie simuliert ein 19-Zoll-Rack, in dem man seine virtuellen Geräte selber verkabeln muss. In die jeweiligen DAW kann man virtuelle Instrumente laden, die Plug-Ins. Je nach Rechner haben sie unterschiedliche Abkürzungen, VST, AU oder RTAS. Sie funktionieren aber überall gleich. Welches Produktionsprogramm einem am besten liegt, muss man selber herausfinden. Die Hersteller bieten auf ihren Webseiten kostenlose Testversionen an. Auf Webseiten wie Delamar kann man sich zudem erklären lassen, wie einzelne Effekte funktionieren oder wie ein Synthesizer aufgebaut wird.
Frank Wagner: Unerlässlich sind zwei Monitorboxen. Sie müssen einen gleichmäßigen Frequenzgang haben, so dass jeder Ton gleich laut ist. Um die Qualität des Sounds zu verbessern, rate ich ab, die interne Soundkarte zu benutzen. Externe Soundkarten, die für das Produzieren geeignet sind, gibt es schon zum kleinen Preis. Um den Workflow zu verbessern, empfehle ich einen MIDI-Controller, entweder MASCHINE von Native Instruments oder ein klassisches MIDI-Keyboard.
Der Disc Jockey Eiskaltes Händchen alias Myny veranstaltet in Freiburg die Partyreihen “Weekends“ und “Allure“. 2014 hat er mit Solide sein eigenes Plattenlabel für elektronische Clubmusik gegründet.
Quelle: Soundcloud
Sebastian Stang, 39, ist Booker des Freiburger Clubs Passage46. Mit Foul & Sunk betreibt er seit 2012 ein Liebhaberlabel für elektronische Clubmusik.
Quelle: Soundcloud
Dominik Dobrindt, 26, war Initiator der Freiburger Clubnächte “Chez“ und “Untitled“. Als Teil des DJ-Duos Subjkts, alleine unter dem Alias YungGhost, sorgt er seit 2011 dafür, dass Musik zwischen Glitch, Juke, Grime und Futurebeat in Freiburger Clubs gespielt wird.
Quelle: Soundcloud
Die Freiburgerin Untergrund Urte, 27, veranstaltet regelmäßig Konzerte und Partys mit abstraktem HipHop und basslastiger elektronischer Musik in Clubs wie White Rabbit, Slow Club und Passage46.
Quelle: Soundcloud
Frank Wagner, 30, ist Resident-Disc Jockey der Sinnestäuschung-Partys. Seit 2014 veröffentlicht der Technikbegeisterte Musik auf dem Stuttgarter Technolabel Parquet.
Quelle: Soundcloud
- fudder.de: Die Soundbastler - Freiburger Musikproduzenten im Kurzporträt (2014)