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Rathausplatz

Demonstration gegen die Abschiebung einer Roma-Familie

Anja Bochtler

Von

Mi, 18. Januar 2017

Freiburg

Etwa 130 Menschen demonstrierten auf dem Rathausplatz gegen die bereits umgesetzte Abschiebung einer Familie aus Serbien, die seit mehr als fünf Jahren in Freiburg lebt. Anfang Januar musste sie die Stadt verlassen.

Für ein Ende von Abschiebungen: Protest am Rathausplatz   | Foto: schneider
Für ein Ende von Abschiebungen: Protest am Rathausplatz Foto: schneider
Noch in diesem Monat hätte seine Ausbildung in einem Friseursalon beginnen können – doch am 9. Januar wurde ein Roma-Jugendlicher mit seinen Eltern und seiner Schwester nach Serbien abgeschoben. So beschreibt das "Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung" die Lage. Zur Protestkundgebung am Montagabend kamen rund 130 Menschen zum Rathausplatz. Das für Abschiebungen zuständige Regierungspräsidium Karlsruhe und die Freiburger Ausländerbehörde argumentieren, dass der Jugendliche keinen Ausbildungsvertrag vorgelegt habe.

Für die Familie sei es ein riesiger Schock gewesen, sagt eine Sprecherin des Forums: Morgens um fünf Uhr sei die Polizei vor ihrer Tür in der Flüchtlingsunterkunft St. Christoph am Flugplatz aufgetaucht, niemand hätte derzeit mit einer Abschiebung gerechnet. Die Familie habe so wenig Zeit zum Packen bekommen, dass die Tochter sich nicht von ihrer Freundin in der Nachbarschaft habe verabschieden können. Die Familie lebte seit Ende 2011 in Freiburg. Der Friseursalon habe nach der Abschiebung bekräftigt, dass der Jugendliche im Januar in seine Ausbildung hätte einsteigen sollen. Alles sei nur noch von der Arbeitserlaubnis der Ausländerbehörde abhängig gewesen. Auch die Schwester des Jugendlichen hätte über eine Freundin einen Job bekommen können. Die Behörden hätten die Möglichkeit, der Familie eine Chance zu geben, nicht genutzt.

Die Unabhängigen Listen haben sich mit einer Anfrage an Oberbürgermeister Dieter Salomon gewandt: Sie erinnern daran, dass der Gemeinderat mehrfach erklärt habe, sich für ein Bleiberecht der Freiburger Roma einzusetzen. Irene Feilhauer und Uwe Herzel vom Regierungspräsidium Karlsruhe argumentieren folgendermaßen: Ende Oktober sei der Ausländerbehörde mitgeteilt worden, dass dem Jugendlichen eine Beschäftigung gestattet werden könne, sagt Irene Feilhauer. Es sei aber kein Ausbildungsvertrag vorgelegt worden, darum habe die Möglichkeit einer "Ausbildungsduldung" – die Jugendliche in Ausbildung vor einer Abschiebung schützt – zu dem Zeitpunkt nicht geprüft werden können. Anfang Dezember seien dann "aufenthaltsbeendende Maßnahmen" eingeleitet worden. Sobald das der Fall sei, käme eine "Ausbildungsduldung" nicht mehr in Betracht, sagt Uwe Herzel.

Die Stadt setze sich seit Jahren und weiterhin ein für "integrationswillige Roma, die schon viele Jahre hier leben", sagt die städtische Pressesprecherin Martina Schickle. Die Sprecher bei der Protestkundgebung kritisieren scharf die derzeitige Politik: Bei der Sammelabschiebung am 9. Januar hätte aus Freiburg eine weitere Roma-Familie mit einem sehr kranken Kind abgeschoben werden sollen, nur ein Eilantrag des Anwalts habe das in letzter Sekunde am Flughafen verhindert.

Ressort: Freiburg

  • Veröffentlicht in der gedruckten Ausgabe der BZ vom Mi, 18. Januar 2017:
  • Zeitungsartikel im Zeitungslayout: PDF-Version herunterladen

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